Geowissen

Erster Beleg für Eisvulkane im Sonnensystem

Zwei Vulkangipfel mit Fließspuren auf dem Saturnmond Titan entdeckt

3D-Topografie mit den zwei potenziellen Vulkanbergen und Fließspuren. Die Höhen sind um den Faktor zehn verstärkt. © NASA/ JPL-Caltech/ USGS/ University of Arizona

Auf dem Saturnmond Titan haben Planetenforscher jetzt den ersten klaren Beleg für die Existenz von Eisvulkanen entdeckt: Eine aus Daten der Cassini-Raumsonde erstellte 3D-Karte der Titanoberfläche zeigt deutlich zwei hohe Berge mit verräterischem Gipfelkrater und Fließspuren im Tal. Die chemische Zusammensetzung der Fließspuren unterscheidet sich zudem deutlich von der Umgebung und deutet damit auf einen Ursprung im Inneren des Mondes hin.

Vulkane müssen nicht immer heiße Lava speien, im äußeren Sonnensystem könnte es sie auch in einer kalten Variante geben: als Eisvulkane. Allerdings wird ihre Existenz bisher nur theoretisch vorhergesagt, klare Beweise fehlen. Auf dem Saturnmond Enceladus gibt es zwar langgezogene Spalten, aus denen Wasser und Eispartikel ausgeschleudert werden, ob dies echter Cryovulkanismus ist, ist jedoch umstritten. Auf dem Saturnmond Titan wurden in der Vergangenheit Fließmuster an der Oberfläche entdeckt, die möglicherweise durch Vulkanismus an die Oberfläche gelangt sein könnte, doch die Mehrheit der Planetenforscher interpretierte sie als Flussablagerungen – bis jetzt.

3D-Karte zeigt Berge mit Gipfelkratern

Forscher um Randolph Kirk, Geophysiker am Astrogeologischen Forschungszentrum des U.S. Geological Survey (USGS) haben jetzt neue Daten der Raumsonde Cassini ausgewertet und daraus eine topografische 3D-Karte der Region Sotra Facula auf dem Titan erstellt. Die Karte enthüllt verblüffend vulkanähnliche Formationen auf der Oberfläche des Saturnmonds. Zwei Berggipfel von mehr als 1.000 Metern Höhe tragen in ihrer Spitze kraterähnliche Vertiefungen, an den Berghängen und im Tal zeigen sich die fingerähnlich ausgelappten Fließstrukturen.

„Lava“-Zusammensetzung unterscheidet sich von Restoberfläche

„Wenn wir unsere neue 3D-Karte der Region Sotra Facula auf dem Titan anschauen, fällt die Ähnlichkeit mit Vulkanen wie dem Ätna in Italien, dem Laki auf Island und selbst einigen kleinen kleineren Vulkanschloten nahe meiner Heimatstadt Flagstaff ins Auge“, erklärt Kirk. Ergänzende Daten des Infrarot-Spektrometers an Bord der Raumsonde zeigten zudem, dass die Fließmuster eindeutig eine andere chemische Zusammensetzung haben als der Rest der Mondoberfläche – für die Forscher ein klarer Hinweis auf ihren Ursprung im Inneren des Titan.

Möglicher Mechanismus eines Eisvulkans © NASA

„Dies ist der beste Beweis bisher für eine vulkanische Topografie auf einem der Eismonde des Sonnensystems“, erklärt Jeffrey Kargel, Planetenforscher der Universität von Arizona in Tucson. „Es wäre zwar theoretisch auch möglich, dass die Berge tektonischen Ursprungs sind, aber eine Interpretation als Cryovulkan ist die einfachere, konsistentere Erklärung.“ Noch gibt es keinen „rauchenden Colt“, keine Anzeichen für aktuelle Aktivität am Sotra, die Wissenschaftler wollen nun aber diese Region gezielter überwachen.

Methan-Nachschub für Atmosphäre?

Gäbe es tatsächlich auch auf dem Titan Cryovulkane, würde dies dem Stoffkreislauf des Mondes eine weitere Facette hinzufügen. „Auf dem Titan könnten sie erklären, wie der Methangehalt in der Atmosphäre so kontinuierlich ergänzt wird, obwohl die Sonne das Molekül ständig zersetzt“, erklärt Cassini-Forscherin Linda Spilker vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. „Die Eisvulkane tragen dazu bei, die geologischen Kräfte zu erklären, die einige dieser exotischen Orte in unserem Sonnensystem formten.“

(NASA, 16.12.2010 – NPO)

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