Es gibt eine elektrische Verbindung zwischen dem Saturnmond Enceladus und dem Saturn: Ein Strahl Elektronen überbrückt die 240.000 Kilometer Abstand der beiden Himmelskörper mit Hilfe von verbindenden Magnetfeldlinien. Daten der NASA-Sonde Cassini haben diese elektromagnetische Brücke und den von ihr im Polarlicht des Ringplaneten erzeugten hellen Fleck jetzt erstmals eindeutig nachgewiesen. Die jetzt in „Nature“ und „Geophysical Research Letters” veröffentlichten Daten tragen zur Entschlüsselung der komplexen elektromagnetischen Wechselwirkungen des Saturn mit seinen Monden bei.
Monde und Planeten sind oft durch mehr als ihre gegenseitige Schwerkraftwirkung verbunden, oft existieren auch intensive Wechselwirkungen ihrer Magnetfelder. Magnetische Feldlinien verbinden beispielsweise den Jupitermond Io mit seinem Planeten und erzeugen leuchtende „Fußabdrücke“ in den Polarlichtern der Süd- und Nordpole des Gasriesen. Schon seit längerem vermuten Wissenschaftler auch beim Ringplaneten Saturn eine solche elektromagnetische Verbindung, konnten sie bisher allerdings nicht eindeutig belegen.
Ionenstrahl bringt erste Hinweise
Schon 2008 entdeckte die Saturnsonde Cassini einen Strahl energiereicher Ionen nahe dem Mond Enceladus, die am Magnetfeld ausgerichtet waren. „Der Ionenstrahl, den die Kamera registrierte, erscheint bei einer außergewöhnlich hohen Energie, zwischen 30.000 und 80.000 Elektronenvolt, das ist überraschend für die Interaktion mit einem so kleinen Mond“, erklärt Don Mitchell, Cassini-Forscher vom Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory (APL).
Analysen zeigten, dass dieser Strahl genügend Energiefluss besitzen könnte, um rund 240.000 Kilometer vom Mond bis zum Nordpol des Saturn zu reichen und dort die Auroren zu beeinflussen. Wenig später wurde tatsächlich eine Struktur im Saturnpolarlicht entdeckt, die ein solcher „Fußabdruck“ des Enceladus sein könnte. 2009 entdeckten Forscher weitere Hinweise auf den Transfer von geladenen Teilchen zwischen Enceladus und Saturn. Doch endgültige Beweise fehlten.
Elektronenstrahl vom Saturn zu Enceladus und zurück
Jetzt aber hat Cassini das fehlende Glied in der Beweiskette endlich geliefert: Bei näherer Untersuchung mit dem Plasmaspektrometer von Cassini entdeckten die Wissenschaftler jetzt auch einen sehr starken, ähnlich ausgerichteten Elektronenstrahl: „Ich rief sofort die Elektronendaten auf und tatsächlich, da war ein starker Elektronenstrahl, der von Saturn zum Enceladus ging“, erklärt Abigail Rymer, Hauptautorin der Studie und ebenfalls Projektwissenschaftlerin am APL. „Es war eine sehr seltene Gelegenheit dies einzufangen, denn wenn Cassini nahe an einem Mond vorbeifliegt, schauen wir normalerweise in Richtung Mond, nicht davon weg.“
Leuchtender Fußabdruck im Nordpolarlicht
Die Elektronen dieses vom Saturn zu Enceladus und zurück biegenden Strahls geben Energie ab, die auf dem Saturn als leuchtender Fleck im Polarlicht um den Saturnnordpol zu erkennen ist. Dieser „Fußabdruck“ ist immerhin rund 1.200 mal 400 Kilometer groß und bedeckt eine Fläche vergleichbar der Kaliforniens oder Schwedens. Die Helligkeit des Flecks entspricht etwa der einer sehr schwachen Aurora auf der Erde, wenn sie mit bloßem Auge betrachtet wird.
„Die Fußabdruck-Entdeckung auf dem Saturn ist eine der wichtigsten Enthüllungen von Cassini auf dem Gebiet der Felder und Teilchen, sie könnte uns dabei helfen, das seltsame Magnetfeld des Saturn zu enträtseln“, erklärt Marcia Burton, Forscherin am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. „Sie gibt uns die erste visuelle Verbindung zwischen dem Saturn und einem seiner Monde.“
Helligkeits-Schwankungen durch Eisfontänen verursacht?
Interessanterweise ist das UV-Licht vom polaren Fußabdruck des Enceladus auf dem Saturn nicht immer zu sehen: „Es zeigt sich, dass von 282 Aufnahmen, die das Signal zeigen müssten, nur sieben überzeugende Belege für einen solchen hellen Fleck liefern“, erklärt Rymer.
Möglicherweise haben diese Helligkeitsschwankungen etwas mit den weit ins All hinaussprühenden Eisfontänen des Mondes Enceladus zu tun. Durch ihre Wechselwirkung mit dem Saturnmagnetfeld erzeugen sie eine gewaltige ionisierte Plasmawolke, die wiederum die elektromagnetischen Felder stören und verändern könnten. „Wissenschaftlerfragen sich schon seit längerem, ob die Ausstoßrate variabel ist“, so Rymer. „die neuen Daten deuten darauf hin.“
(NASA, 28.04.2011 – NPO)