Zoologie

Alpha-Männchen zahlen einen höheren Preis

Forscher finden mehr Stresshormone bei Pavianmännchen in Spitzenposition

Ein adultes Pavianmännchen im kenianischen Amboseli-Gebiet. © Catherine Markham

Das Leben an der Spitze einer sozialen Hierarchie hat seinen Preis: Bei wildlebenden Pavianen tragen die Alpha-Männchen deutlich mehr Stresshormone im Blut als andere hochrangige Gruppenmitglieder. Das zeigt eine Langzeit-Studie US-amerikanischer Forscher an 125 Affen in Kenia. Sie widerspricht bisherigen Annahmen, dass die Vorteile der Alphaposition die Kosten aufwiegen.

„Wir haben seit Jahrzehnten gewusst, dass Alpha-Männchen Vorteile in der Fortpflanzung haben, aber diese Ergebnisse zeigen, dass das Leben an der Spitze auch echte Schattenseiten hat“, sagen die Forscher. Der stärkere Stress der Alpha-Männchen beruhe wahrscheinlich auf dem ständigen Druck, ihre Spitzenposition halten zu müssen. Sie seien häufiger in Kämpfe verwickelt und mit der Bewachung ihrer Weibchen beschäftigt als die Männchen auf den zweithöchsten Rängen.

Diese Ergebnisse deuten nach Ansicht der Wissenschaftler darauf hin, dass die Top-Position in tierischen und wahrscheinlich auch menschlichen Gesellschaften typische Kosten und Vorteile mit sich bringt, die weiter erforscht werden müssen. „Paviane sind nicht nur genetisch eng mit dem Menschen verwandt, wie der Mensch leben sie auch in komplexen Gemeinschaften“, sagt Studienleiter Laurence Gesquiere von der Princeton University.

Was kostet die Spitzenposition?

In vielen Primatengemeinschaften bringt eine hohe soziale Position Vorteile: Hochrangige Männchen können ihre Weibchen frei wählen, bekommen das beste Futter und sind oft am gesündesten. Das zeigen Studien unter anderem an Menschenaffen. Dafür kostet der Kampf um die Erhaltung dieser Position mehr Energie. Dass sich Kosten und Vorteile nicht immer aufwiegen, zeigt nun die Pavianstudie der amerikanischen Forschergruppe.

Die Wissenschaftler untersuchten neun Jahre lang die Konzentrationen des Stresshormons Glucocorticoid und des Geschlechtshormons Testosteron in Kotproben von 125 erwachsenen, männlichen Pavianen. Die Affen lebten auf fünf Gruppen verteilt im kenianischen Amboseli-Gebiet.

Bei diesem Kampf zweier erwachsener Pavianmännchen droht der linke durch Anstarren mit erhobenen Augenbrauen, der rechte zeigt eine klassische Angstgrimasse. © Jeanne Altmann

Stresshormone bei Alpha-Männchen erhöht

Die Auswertungen ergaben zunächst einen klaren Zusammenhang von Rangposition und Stressbelastung. Je höher der Rang der untersuchten Tiere, desto weniger Stresshormone und mehr Testosteron fanden sich in den Proben. Eine überraschende Ausnahme bildeten die jeweiligen Alpha-Männchen der Paviangruppen: Sie zeigten deutlich mehr Indikatoren für Stress als die unmittelbar unter ihnen stehenden Beta-Männchen.

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte die Stressbelastung der Alpha-Männchen deren meist nur kurze Verweildauer an der Spitze erklären. „Beide Hormone sind ‚teuer‘, da sie bei hohen Konzentrationen eine immunschwächende Wirkung besitzen und das individuelle Überleben senken“, sagen sie in „Science“. Tatsächlich ergab eine frühere Studie einen höheren Parasitenbefall bei den hochrangigsten Männchen der Amboseli-Paviane.

„Auch für den Menschen ist bekannt, dass der soziale Status mit einigen Aspekten des Gesundheitszustands verknüpft ist“, sagt Jeanne Altmann, Leiterin der Arbeitsgruppe der Princeton-University. Paviane seien daher gute Modelle, um die ideale Rangposition in einer komplexen Gesellschaft zu identifizieren. Die genauen Mechanismen des Kosten-Nutzen-Gleichgewichts gelte es nun mit weiterer Forschung herauszufinden. (Science, 2011; DOI: 10.1126/science.1207120)

(Science / Princeton-University / dapd, 15.07.2011 – NPO)

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