Die in den Flüssen Südamerikas lebenden Roten Piranhas sind weitaus „gesprächiger“ als bislang angenommen. Belgische Forscher haben festgestellt, dass die als aggressiv geltenden Fische drei unterschiedliche Laute erzeugen können. Je nach Situation brummen sie, geben einen Trommel-ähnlichen Laut von sich oder krächzen, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Journal of Experimental Biology“ berichten. Zuvor war nur ein einziger Warnlaut von den Tieren bekannt. Jetzt habe man ein deutlich größeres Klangrepertoir bei den Piranhas festgestellt und auch Hinweise auf die biologische Funktion dieser Töne erhalten, sagen die Forscher.
Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler mehrere freischwimmende Piranhagruppen in einem großen Versuchsbecken untersucht. Mittels Unterwassermikrophonen und Kameras zeichneten sie Verhalten und Lautäußerungen der Tiere auf. Dadurch konnten sie zuordnen, in welchen Situationen die Fische welche Töne von sich gaben.
Waren die Piranhas gut gefüttert, seien sie relativ friedlich und lautlos gewesen, berichten die Wissenschaftler. Erst wenn sich Konflikte anbahnten, habe man auch Lautäußerungen registriert. „Jeder der Töne, die die Piranhas abgaben, war mit einem spezifischen Verhalten verknüpft“, sagen Parmentier und seine Kollegen. Meist seien dies Konfliktsituationen gewesen.
Tiefes Brummen warnt Rivalen
Der bereits bekannte Warnlaut der Piranhas bestand aus einem tiefen, schnell pulsierenden Ton. „Man muss sie nur in die Hand nehmen, dann geben sie diesen Ton von sich“, sagt Studienleiter Eric Parmentier von der Universität von Lüttich in Belgien. Den gleichen Laut habe man nun auch gehört, wenn die Fische sich einem Rivalen frontal gegenüberstellten. „Wir interpretieren ihn als Warnsignal“, schreiben die Forscher.
Einen zweiten Laut registrierten die Wissenschaftler, wenn die Piranhas sich um Futter stritten und dabei ihre Konkurrenten umkreisten und bedrohten. Dieser Laut bestand aus nur einem einzigen Puls, den die Forscher als kurz und einem Trommelschlag ähnlich beschreiben. Die Fische, die diesen Ton von sich gaben, gehörten meist zu den größten Tieren der Gruppe, berichten Parmentier und seine Kollegen. Man könne diesen Laut als Signal der Drohung und starken Aggression interpretieren.
Den dritten Lauttyp gaben die Piranhas ab, wenn sie einen Artgenossen verfolgten und dabei nach ihm schnappten. Dieser Laut ähnele eher einem Krächzen und sei sehr viel höher als die beiden anderen. „Er umfasste meist drei bis vier Pulse, aber diese kamen so unregelmäßig, dass man sie kaum als Teil eines Rufs ansehen kann“, sagen die Forscher.
Schwimmblase und Maul als Lautorgane
Im Rahmen ihrer Studie untersuchten die Forscher auch, wo die Piranhas ihre Laute produzieren. „Wir haben festgestellt, dass die ersten beiden Töne in der Schwimmblase erzeugt werden“, berichten sie. Muskeln versetzten dabei den vorderen Teil der Schwimmblase in Vibrationen. Diese Schwingungen ließen die tiefen Töne entstehen.
Der höhere Krächzlaut bei der Jagd auf Rivalen werde dagegen vom Maul der Piranhas erzeugt, sagen die Forscher. Er entstehe beim wiederholten Schließen des Mauls. Den genauen Mechanismus kenne man aber noch nicht. (Journal of Experimental Biology, 2011; doi:10.1242/jeb.061218)
(Journal of Experimental Biology / dapd, 14.10.2011 – NPO)