Der Ausbruch eines Supervulkans kündigt sich offenbar erst mehrere Jahrzehnte bis Monate vorher an. Nach jahrtausendelanger Ruhepause beginnen dann große Mengen Magma in mehreren Schüben die unterirdische Magmakammer einzuströmen. Das haben Forscher herausgefunden, als sie Gestein untersuchten, das beim letzten großen Ausbruch des Supervulkans unter der Insel Santorini in der Ägäis ausgeschleudert wurde. Trotz einer 18.000 Jahre dauernden Pause habe der Supervulkan weniger als hundert Jahre benötigt, um ausreichend Magma für den gewaltigen Ausbruch vor gut 3.600 Jahren anzusammeln. Die letzten Magmaschübe seien sogar erst Monate vor dem Ausbruch erfolgt, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“.
Supervulkane sind Vulkane, deren Eruptionen so explosiv sind, dass die Folgen weltweit zu spüren sein können. Innerhalb von nur Stunden bis Tagen können sie hunderte und sogar tausende Kubikkilometer Magma ausschleudern. Dabei stürzt die Gesteinsdecke über der Magmakammer ein und hinterlässt einen gewaltigen Kessel, die sogenannte Caldera. Als einer der jüngsten Ausbrüche eines solchen Vulkans gilt die Minoische Eruption des Supervulkans unter der griechischen Insel Santorini. Etwa 1600 vor Christus zerriss dieser Ausbruch die Insel und löste Flutwellen an vielen Küsten des Mittelmeeres aus.
Bisher war unklar, wie sich der Ausbruch eines solchen Supervulkans ankündigt. Denn obwohl es weltweit einige davon gibt, ist seit Beginn der modernen Vulkanforschung keiner von ihnen ausgebrochen. Bei den Supervulkanen unter dem Yellowstone-Nationalpark in den USA oder den Phlegräischen Feldern in Italien habe es erst kürzlich Perioden geologischer Unruhe gegeben, berichten die Forscher. Doch was diese Aktivitäten bedeuteten, sei schwer zu interpretieren gewesen.
Sprunghafte Aktivität in der Magmakammer
„Unsere Ergebnisse zeigen, wie schnell ein großes Vulkansystem aus dem Ruhezustand bis an den Rand der Eruption gelangen kann“, schreiben Timothy Druitt von der Université Blaise Pascal im französischen Clermont-Ferrand und seine Kollegen. Das Magmareservoir eines solchen Vulkans fülle sich nicht langsam und kontinuierlich, sondern sprunghaft in mehreren Pulsen. Dies macht sich durch Erdbeben und Verformungen des Untergrunds bemerkbar.
Diese Erkenntnis habe auch Folgen für die Überwachung von Supervulkanen, die als lange ruhend, aber potenziell aktiv gelten. „Eine Langzeit-Überwachung von großen, schlafenden Supervulkan-Systemen – selbst in abgelegenen Teilen der Erde – ist daher notwendig“, warnen die Wissenschaftler. Nur dann könne man die letzten Wachstumsschübe der Magma-Reservoire rechtzeitig vor einem großen Ausbruch entdecken.
Mineral-Kristalle verraten Ablauf der Ereignisse
Für ihre Studie hatten die Forscher Kristalle des Minerals Feldspat analysiert, die in dem Magma des Supervulkans unter Santorini gebildet worden waren. Die Form und Zusammensetzung dieser Kristalle spiegelt wider, wann sie in die Magmakammer gelangten und wie lange sie dort bis zur Eruption blieben.
Anhand dieser Kristallanalysen identifizierten die Wissenschaftler drei Phasen der Aktivität vor dem Ausbruch: Weniger als hundert Jahre vor der Eruption begann Magma, aus einem tiefen Reservoir in die Magmakammer unter Santorini aufzusteigen. Weniger als zehn Jahre vor der Eruption mischte sich diese Gesteinsschmelze einige Kilometer unter der Oberfläche mit bereits vorhandenem Magma anderer chemischer Zusammensetzung. Wenige Monate vor der Eruption strömten dann noch einmal verschiedene Magmen in die Kammer ein. (Nature, 2012; doi: 10.1038/nature10706)
(Nature.com, 02.02.2012 – NPO)