Forscher haben nachgewiesen, dass und wie die so genannte Spiegeltherapie Patienten nach Amputation eines Arms oder Beins dabei hilft, Phantomschmerzen zu verringern. Wie die Wissenschaftler jetzt im Fachmagazin „Fortschritt Röntgenstrahlen“ berichten, gelingt dies durch das Stimulieren eines „Motor-Netzwerks“ im Gehirn. Dieses „ersetzt“ das ursprüngliche Zentrum für Motorik.
In der neuen Studie absolvierten acht Beinamputierte insgesamt zwölf Spiegeltherapiesitzungen, bei denen Funktionsbewegungen des gesunden Beins durchgeführt wurden. Bei der Spiegeltherapie positionieren die Patienten den Körper so vor einen Spiegel, dass sie nur noch das vorhandene Bein sehen, nicht aber den Stumpf. Sobald das gesunde Bein bewegt wird, wird dem Gehirn „vorgegaukelt“, das fehlende Körperteil sei jenes im Spiegel und plötzlich wieder vorhanden.
Forscher führen fMRT-Messungen durch
Vor der ersten und nach der letzten Sitzung führten die Forscher um Stefan Seidel von der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Wien fMRT-Messungen (funktionelle Magnetresonanztomographie) durch: Die mittlere Intensität des Phantomschmerzes verringerte sich erheblich, darüberhinaus zeigten die Testpersonen nach der Spiegeltherapie eine deutlich erhöhte Aktivität im Stirn- und Schläfenlappen.
Gehirn lernt um
„Diese Zentren sind eigentlich nicht primär für die Motorik zuständig“, erklärt Seidel. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass das Gehirn nach der Amputation ein „Motor-Netzwerk“ aktiviert, das die Aufgabe des ursprünglich in der Mitte des Gehirns befindlichen Zentrums für die Motorik der verlorenen Extremität übernimmt. Seidel: „Das Gehirn hat nach einiger Zeit umgelernt.“
Außerdem stellte das Forscher-Team fest, dass die veränderte Gehirnaktivität nicht bei allen Patienten gleich verlief, und nicht an denselben Stellen im Schläfen- und Stirnlappen. Seidel: „Wenn man dieses Motor-Netzwerk durch Spiegeltherapie oder andere sogenannte ‚Mind-Body‘-Interventionen ganz individuell aktiviert und trainiert, treten deutlich weniger Phantomschmerzen auf.“ (Fortschritt Röntgenstrahlen, 2012; DOI: 10.1055/s-0031-1281768.)
(Medizinische Universität Wien, 23.02.2012 – DLO)