Das Erfolgsgeheimnis von Politikern liegt auch in ihrer Kehle: Denn besitzen sie eine tiefe Stimme, wirken sie auf potenzielle Wähler vertrauenswürdiger, kompetenter und durchsetzungsfähiger. Das gilt sowohl für Frauen als auch für Männer, wie die Studie eines internationalen Forscherteams zeigt. Die Wahl eines politischen Repräsentanten erfolgt demnach nicht nur nach rationalen Kriterien wie dem politischen Programm, sondern beruht auch auf unwillkürlichen, gefühlsmäßigen Vorlieben. Zwar könne jeder Mensch frei entscheiden, wen er wählt, das Ergebnis dieser Wahl könne man aber nicht isoliert von solchen unbewussten biologischen Einflüssen sehen, meinen die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“.
„Unsere Ergebnisse bestätigen Hinweise darauf, dass Wahlentscheidungen auch auf ‚dünnen‘ gefühlsmäßigen Beurteilungen basieren“, schreiben Casey Klofstad von der University of Miami in Coral Gables und seine Kollegen. So habe man bereits früher festgestellt, dass die optische Attraktivität eines Kandidaten eine wichtige Rolle spiele. Jetzt zeige sich, dass auch die Stimmlage beeinflusse, welches Bild sich die Wähler von einem Politiker machen.
Stimmhöhe von Wahlaufrufen manipuliert
Für ihr Experiment ließen die Forscher mehrere Männer und Frauen den Satz sprechen: „Ich bitte Sie, im November für mich zu wählen!“ und zeichneten ihn auf. Die Aufnahmen manipulierten sie so, dass von jeder Originalaufnahme eine Version mit niedriger und eine mit leicht höherer Stimmlage entstand. Diese Aufnahmen wurden insgesamt mehr als 300 Versuchspersonen vorgespielt, die angeben sollten, welche der beiden Versionen sie wählen würden. Zusätzlich fragten die Forscher, welche Stimmlage die Probanden als kompetenter, stärker, zielstrebiger und vertrauenswürdiger einschätzen würden.
„Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Versuchspersonen würden ihre Stimme häufiger der Aufnahme mit der tieferen Stimmlage geben“, berichten die Forscher. Das deute darauf hin, dass Männer und Frauen mit tieferen Stimmen es leichter haben könnten, in der Politik Karriere zu machen.
Die Versuchspersonen assoziierten Kompetenz, Stärke und Vertrauenswürdigkeit bei den weiblichen Stimmen mit der jeweils tieferen Stimmlage. Bei den männlichen Stimmen habe es jedoch Unterschiede gegeben: „Frauen wurden im Gegensatz zu den Männern nicht von der Stimmlage beeinflusst, wenn sie die Kompetenz oder Stärke von Männern einschätzen sollen“, berichten die Forscher. Möglicherweise hänge dies damit zusammen, dass für Frauen alle Männerstimmen unterhalb einer bestimmten Lage ohnehin als stark und kompetent angesehen würden.
Frauen durch ihre Stimmlage zusätzlich benachteiligt
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten die Ergebnisse auch erklären, warum weniger Frauen sich in Führungspositionen durchsetzen als Männer. Zwar sei die gesellschaftliche bedingte Diskriminierung der offensichtliche Hauptgrund, aber Frauen hätten im Durchschnitt auch eine höhere Stimmlage. „Unsere Reaktion auf diese biologischen Unterschiede könnte aber ein zusätzlicher Faktor sein, der den geringeren Anteil von Frauen in Machtpositionen erklärt“, meinen die Forscher. (Proceedings of the Royal Society B, 2012; doi: 10.1098/rspb.2012.0311)
(Proceedings of the Royal Society B / dapd, 14.03.2012 – NPO)