Medizin

Borreliose-Risiko in Ostdeutschland am höchsten

Neue Karte zeigt Verteilung der Risikogebiete

Jährlich diagnostizierte Lyme-Borreliose-Fälle je Einwohner in Deutschland 2007-2009 © Leibnitz Institut für Länderkunde 2012

In Deutschland erkranken in jedem Jahr etwa 100.000 Menschen an der durch Zeckenstiche übertragenen Lyme-Borreliose. Am größten ist das Infektionsrisiko in Brandenburg, Sachsen und
Bayern. In den Ballungsräumen an Rhein und Ruhr tritt die Krankheit deutlich seltener auf. Das zeigt eine jetzt vom Leibniz-Institut für Länderkunde veröffentlichte Karte auf der Grundlage von Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Die Lyme-Borreliose, benannt nach einem Ort in Connecticut (USA), wo sie 1975 aufgrund einer Häufung von Gelenkerkrankungen bei Kindern entdeckt wurde, ist die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung in Europa und ist in der gesamten nördlichen Hemisphäre verbreitet. Im Gegensatz zur FSME wird sie nicht durch ein Virus, sondern durch Bakterien ausgelöst. In Deutschland sind etwa 5 bis 35 Prozent aller Zecken mit dem Erreger befallen, den sie durch Blutsaugen an kleinen Nagetieren und Vögeln aufgenommen haben. Etwa 1,5 bis 6 Prozent aller Zeckenstiche führen zu einer Infektion und 0,3 bis 1,4 Prozent zu einer manifesten Erkrankung. Die Krankheit kann vor allem im Frühstadium gut mit Antibiotika behandelt werden, wird sie nicht entdeckt, können die Spätfolgen jedoch bleibende Gesundheitsschäden hervorrufen.

Zecken im Osten stärker durchseucht

Die Karte, basierend auf den Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), zeigt hinsichtlich der Verbreitung der Borreliose deutliche regionale Unterschiede. Tendenziell nimmt die Dichte von Norden nach Süden zu, aber auch ein Ost-West-Gefälle ist deutlich erkennbar. Die höchsten Raten treten in Brandenburg, Sachsen und Bayern entlang der Grenzen zu Polen und Tschechien mit teilweise über 1.000 abgerechneten Behandlungen je hunderttausend Einwohner im 3. Jahresquartal auf, ähnliches gilt auch für Teile Frankens und der Pfalz. Im Gegensatz dazu finden sich niedrige Behandlungsraten insbesondere in den Ballungsräumen an Rhein und Ruhr. Allgemein ist zu beobachten, dass die Behandlungsraten in städtischen Ballungsräumen niedriger sind als in ihrem Umland.

Übertragung und Risikofaktoren

Zecken lauern häufig im Übergangsbereich zwischen Wald und Wiese, an Waldwegen und Wildwechseln ihren Wirten, zum Beispiel Rotwild, auf und können dort auch auf den Menschen gelangen. Hauptüberträger der Borreliose auf den Menschen ist der gemeine Holzbock (Ixodes ricinus). Die Infektionswahrscheinlichkeit beim Menschen ist dabei abhängig vom Zeckenvorkommen sowie der Häufigkeit der Erreger in den Zecken und in den Reservoiren. Aber auch das Verhalten der Menschen in Beruf und Freizeit spielt eine Rolle. Der Aufenthalt in waldnahen Gärten, direkter Hautkontakt mit Büschen oder Gras sowie Zeckenbefall von eigenen Haustieren erweisen sich als Risikofaktor für Borreliose. Vermeiden lassen sich Zeckenbisse am besten durch bedeckende Kleidung und ein sorgfältiges Absuchen nach jedem Spaziergang.

Klimawandel und Perspektive

Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Lyme-Borreliose in den nächsten zehn Jahren an Bedeutung gewinnen wird und sich damit auch die Kosten für das Gesundheitssystem erhöhen werden. Während der letzten Jahrzehnte wurde in Europa bereits eine Ausbreitung der Zecken nach Norden und auch in höher gelegene Gebiete beobachtet. Vermutlich ermöglicht die Klimaerwärmung diese Ausbreitung. Da aber die Ökologie der Zecken sehr komplex ist, gibt es keinen einfachen Zusammenhang zwischen Temperatur und Borreliose-Häufigkeit, wie die Forscher betonen. Auch Vegetation, Boden- und Luftfeuchtigkeit beeinflussen die Populationsdichte der Zecken. Milde Winter begünstigen allerdings meist eine höhere und früher im Jahr einsetzende Zeckendichte und -aktivität, wohingegen heiße trockene Sommer die Zeckenpopulationen dezimieren.

Erkennen lässt sich eine Borreliose-Infektion in den ersten Tagen bis Wochen nach dem Zeckenstich meist an der Wanderröte. Dieser scharf abgegrenzte rötliche Fleck auf der Haut tritt bei 90 Prozent der Fälle auf. Allgemeinsymptome wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Lymphknotenschwellungen können hinzutreten. Monate bis Jahre später können sich die Erreger in Gelenken und Nerven eingenistet haben. Dann sind chronische Entzündungen des Nervensystems, des Herzmuskels sowie der Gelenke gefürchtete Komplikationen.

(Leibniz-Institut für Länderkunde, 27.04.2012 – NPO)

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