Vielen kleinen Inseln Indonesiens droht mit fortschreitendem Klimawandel das Trinkwasser auszugehen. Ohne rasche Gegenmaßnahmen sehen Wissenschaftler darin eine akute Bedrohung für viele Inselbewohner. Sie hatten die Wassersituation auf vier Inseln des indonesischen Spermonde-Archipels vor der Küste von Südsulawesi untersucht. Bisher nur eine Ausnahme, ist das Trinkwasser nun fast das ganze Jahr hindurch knapp. Ursache sei unter anderem auch der Klimawandel, berichten die Forscher im Fachmagazin „Environmental Science and Policy“.
Der Spermonde-Archipel besteht aus über 60 kleinen und sehr flachen Korallenatollen, die zum Teil extrem dicht besiedelt sind. So leben auf der untersuchten Insel Barang Caddi 325 Menschen auf einem Hektar. Dicht an dicht, bis direkt an die Wasserlinie, drängen sich die Häuser auf der Insel – der Blick aus der Luft lässt kaum mehr freie Bodenfläche erkennen. Auf drei der vier untersuchten Inseln klagte ein Großteil der befragten Bewohner über Wasserknappheit. Das Wasser aus den Brunnen schmecke oft salzig und rieche brackig. Häufig träten Darmkrankheiten wie Durchfall auf.
Die Süßwasserreserven dieser Inseln sind lebenswichtige und zugleich sehr fragile Ressourcen. Wenn Regenwasser durch den lockeren Korallensand sickert, sammelt es sich im Untergrund der Insel in einer Süßwasserlinse. Diese schwimmt über dem Meerwasser, das den Inselsockel in den tieferen Schichten durchdringt. Bei vielen Korallenatollen ist diese Linse nicht dicker als zehn bis 20 Zentimeter. Für die meisten Koralleninseln ist das die einzige Trinkwasserquelle, denn Oberflächengewässer gibt es in der Regel nicht.
Falsche Brunnen und Verschlechterung des Klimas
Die Forscher des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenökologie (ZMT), der Hasanuddin Universität in Makassar (Indonesien) und des Climate Service Centers (CSC) kommen zu dem Ergebnis, dass die schlechte Wasserqualität auf eine Reihe unterschiedlicher Ursachen zurückzuführen ist. So haben sich etwa seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Einwohnerzahl der Inseln und damit der Süßwasserbedarf mehr als verdoppelt. Da der Bau von Brunnen nicht reglementiert ist, sind neben den Dorfbrunnen zahlreiche Hausbrunnen entstanden, oft in Unkenntnis der hydrologischen Gegebenheiten auch am Rand der Süßwasserlinse. Dort stoßen Süß- und Salzwasser aufeinander. Beim Abpumpen mischen sich beide Schichten, und das Süßwasser versalzt zunehmend.
Diese ohnehin schwierige Situation wird offenbar durch den Klimawandel drastisch verschärft: „Unsere Untersuchung stimmt mit den Ergebnissen von Klimamodellen überein, die für Südsulawesi eine stärkere Ausprägung von Trocken- und Regenzeiten prognostizieren“, erläutert die Erstautorin der Studie, Kathleen Schwerdtner Máñez. Während der Monsunzeit komme es vermehrt zu Sturzfluten, deren gewaltige Wassermassen nicht genügend Zeit haben, in den Untergrund zu sickern, und stattdessen vor allem über die Oberfläche ins Meer ablaufen. Auch die dichte Besiedlung der Inseln, so die Wissenschaftlerin des ZMT, lasse dem Niederschlag immer weniger Fläche zum Versickern. Dadurch könnten sich die Süßwasserreserven nicht mehr ausreichend regenerieren. Zudem gäbe es vermehrt heftige Stürme, die salziges Meerwasser über die Inseln hinweg in die Brunnen schwemmen würden.
Mehrere Millionen Menschen betroffen
Hält diese Entwicklung an, wären allein in Indonesien in absehbarer Zeit mehrere Millionen Menschen von Wasserknappheit betroffen. Der Weltklimarat IPCC geht in seinem letzten Sachstandsbericht davon aus, dass es bis zum Jahr 2100 zu einem Meeresspiegelanstieg von 19 bis 58 Zentimeter kommen kann. Davon wäre Indonesien besonders stark betroffen. Denn das Land ist mit rund 17.500 Inseln der größte Archipel der Welt. Die meisten der etwa 6.000 bewohnten Inseln verfügen über eine Fläche von weniger als 100 Quadratkilometer. „Ohne geeignete Gegenmaßnahmen wird auf vielen dieser sehr kleinen Inseln langfristig eine Umsiedlung kaum zu verhindern sein“, warnt María Máñez Costa vom Climate Service Center in Hamburg. Während dieses Problem im Pazifik seit vielen Jahren untersucht wird, ist die erschienene Studie die erste zur Wasserknappheit in Indonesien.
Auf den Inseln fehlt bisher jegliches Management der Süßwasserressourcen. Weder sind Anzahl und Standorte der Brunnen reglementiert, noch die Zeiten und Mengen der Wasserentnahme. In der indonesischen Politik konzentriert sich die Klimadiskussion auf die Gefahren des Flächenverlusts durch den steigenden Meeresspiegel. Die Wissenschaftler folgern jedoch, dass die Wasserknappheit für die Inseln das wesentlich dringendere Problem darstellt, an dem ein Fortbestehen der Inselsiedlungen scheitern könnte.
(Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT), 27.07.2012 – NPO)