Bestimmte sogenannte Buzz-Elemente im Gesang von männlichen Nachtigallen haben Einfluss auf die Zuneigung der Weibchen. Die in einem Gesang etwa alle fünf Minuten wiederkehrenden langgezogenen Brummel- oder Schnarrpassagen verraten Wichtiges über den Sänger, wie etwa dessen Gewicht oder Paarungsstatus und bestimmen damit auch, wie attraktiv dieser auf das Weibchen wirkt. Das berichten Forscher im Fachjournal „Plos One“.
Für ihre Studie untersuchten Verhaltensbiologen der Freien Universität Berlin, inwiefern „Buzz-Elemente“ im Gesang von Nachtigallen Informationen kodieren und in der Kommunikation zwischen Vögeln genutzt werden. Sogenannte Buzze kommen in verschiedenen Nachtigall-Strophentypen vor und werden etwa alle fünf Minuten einmal vorgetragen. Sie klingen selbst für das menschliche Ohr auffällig anders als die flötenden und trillernden Elemente, aus denen der Nachtigallgesang sonst besteht – der „Buzz“ kommt einem lang gezogenen Brummeln oder Schnarren nahe.
Individuelle Unterschiede
Um zu zeigen, dass die im Balzkontext benutzten Brummellaute tatsächlich Qualitätsausweise für den Sänger sind, mussten die Forscher dreierlei nachweisen: Zunächst, dass sich der „Buzz“ verschiedener Männchen unterscheidet. Tatsächlich singen verschiedene Vögel ihre „Buzze“ zum Beispiel unterschiedlich lang oder hoch. Weiterhin sollte das Brummeln bestimmte für Weibchen oder andere Männchen relevante Informationen des Sängers zuverlässig kodieren – dies könnten zum Beispiel das Gewicht, das Alter oder auch der Gesundheitszustand des Sängers sein.
„Wir konnten zeigen, dass schwerere Männchen Buzze etwas anders singen als leichtere Männchen. Auch der Paarungsstatus scheint den Buzz zu beeinflussen: Männchen, die unverpaart geblieben sind, singen ihre Buzze zum Ende der Saison anders als am Anfang“, erklärt Michael Weiß, Verhaltensbiologe an der Freien Universität Berlin und Erstautor der Studie. So könnten andere Nachtigallen einem „Buzz“ tatsächlich verschiedene Informationen entnehmen.
Mehr Schwanzwippen und Hüpfen
Ob dieses Potenzial von den Tieren selbst tatsächlich genutzt wird, war die dritte relevante Frage, der die Forscher nachgehen mussten. „In Playback-Experimenten haben wir untersucht, ob die Tiere auf Gesänge mit vielen Buzz-Strophen anders reagieren als auf Gesangsstücke, die keine Buzz-Strophen enthalten“, erklärt Weiß. Während die Männchen nicht unterschiedlich auf die beiden Playbacks reagierten, beobachtet die Wissenschaftler bei den Weibchen eine Verhaltensänderung: „Beim Vorspielen von Buzz-Strophen wurde häufiger gehüpft, und es wurde mehr Schwanzwippen verzeichnet – beides sind Indizien für eine erhöhte Erregung des Weibchens“, sagt Weiß.
Den Wissenschaftlern zufolge spricht alles dafür, dass die Weibchen ihre Männchen nicht nur anhand der vielen Strophentypen auswählen, sondern auch ganz genau hinhören und die Vortragskunst verschiedener Männchen vergleichen. Die Forscher planen, die Struktur der „Buzze“ und Eigenschaften, die damit in Zusammenhang stehen, weiter zu erforschen, etwa ihren Beitrag zur Brutpflege. Außerdem stelle sich die Frage, welche weiteren Strukturen im Gesang über bestimmte Eigenschaften eines Männchens Aufschluss geben könnten, sagt Weiß. So könne einerseits der faszinierende Gesang der Nachtigallen weiter entschlüsselt werden, andererseits helfe er als Modellfall, die Evolution von Gesängen und anderen Signalen, die im Paarungskontext zum Einsatz kommen, zu verstehen. (PloS ONE, 2012; doi:10.1371/journal.pone.0045057)
(Freie Universität Berlin, 18.09.2012 – NPO)