Hummeln finden den kürzesten Weg zu schmackhaften Blüten verblüffend schnell und effektiv. Das haben britische Forscher in einem Experiment herausgefunden. Wie sie beobachteten, behielten die Insekten auf ihren Sammelflügen nur dann eine Route bei, wenn diese kürzer war als eine bereits zuvor ausprobierte. War die neue Route dagegen länger als die alte, suchten die Hummeln nach einer anderen Streckenvariante. Sie identifizierten dadurch die optimale Route, nachdem sie nur 20 von 120 möglichen Streckenvarianten ausprobiert hatten. Das einfache Auswahlprinzip – kürzere behalten, längere verwerfen – ermögliche den Insekten trotz ihres kleinen Gehirns eine komplexe Navigation, berichten die Forscher im Fachmagazin „PLOS Biology“. „Die Geschwindigkeit, mit der die Hummeln auf diese Weise durch Versuch und Irrtum lernen, ist außergewöhnlich“, erklärt Studienleiter Lars Chittka von der Queen Mary University of London.
Handlungsreisenden-Problem auf der Blumenwiese
Hummeln besuchen auf ihren Sammelflügen normalerweise immer mehrere Blüten, bevor sie ins Nest zurückkehren. Da sie gute Futterstellen immer wieder besuchen, entwickeln sie dabei im Laufe kurzer Zeit bestimmte Stammrouten. Für die Hummeln sei es dabei sinnvoll, die jeweils kürzeste Route für ihre Sammelrunde zu finden, um möglichst wenig Energie zu verbrauchen, erklären die Forscher. Ihre Aufgabe gleiche damit dem bekannten Handlungsreisenden-Problem. Bei dieser mathematischen Aufgabe soll ein fiktiver Vertreter mehrere Städte auf dem jeweils kürzesten Weg besuchen und anschließend wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückkehren. Wolle man dabei alle möglichen Routenvarianten vergleichen, erfordere dies einiges an Rechenleistung.
„Für Tiere ist das noch schwieriger, denn sie können ihre Route nicht vorab mit Hilfe einer Karte planen, sondern müssen erst nach und nach Informationen über die Standorte und die sie verbindenden Wege sammeln“, schreiben Chittka und seine Kollegen. Wie Tiere in so einer Situation den kürzesten Weg finden, sei bisher kaum untersucht.
Routenverfolgung mittels Radar-Transponder
Für ihr Experiment hatten die Forscher zunächst auf einer Wiese fünf künstliche Blumen aufgestellt, deren Blüte eine Zuckerlösung enthielt. Jede Futterstelle war dabei von der anderen mindestens 50 Meter entfernt – zu weit weg, um für eine Hummel aus dieser Entfernung sichtbar zu sein. Alle Futterstellen waren mit Webcams ausgerüstet, die durch Bewegungsmelder aktiviert wurden. Die Forscher hatten zuvor alle Hummeln eines nahegelegenen Nestes mit Nummernschildern auf dem Rücken markiert. Zusätzlich bekamen einige Hummeln kleine Radar-Transponder auf den Rücken geklebt, mit deren Hilfe ihre Flugrouten genau verfolgt werden konnten.
Wie erwartet, entdeckten die Hummeln die beiden dem Nest am nächsten stehenden Futterstellen als erstes und nahmen dann nach und nach auch die ferner stehenden in ihre Sammelroute mit auf. Je kürzer und direkter dabei der Weg war, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass die Hummeln diese Route auch beim nächsten Sammelflug nutzten, wie die Forscher berichten. Längere Umwege seien dagegen meist nicht wiederholt worden. „Nach durchschnittlich 26 Sammelflügen hatten die Hummeln durch dieses Auswahlprinzip die optimale Route herausgefunden“, schreiben Chittka und seine Kollegen. Das zugrundeliegende Auswahlprinzip lasse sich in einem sehr einfachen mathematischen Modell nachbilden. Ähnlich wie die Hummeln identifizierte auch dieses Modell die beste Route nach durchschnittlich 25 Durchgängen. (doi:10.1371/journal.pbio.1001392)
(PLOS Biology, 21.09.2012 – NPO)