Indien stehen möglicherweise trockene Zeiten bevor: Denn durch den Klimawandel könnte der indische Sommermonsun zukünftig 40 bis 70 Prozent weniger Niederschläge bringen als normal. Das zeigt ein Klimamodell von Forschern des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität Potsdam. Nach diesem verändert die zunehmende Erwärmung im Frühjahr eine für den Monsun wichtige Luftströmung. Dadurch entstehen bis zum Ende dieses Jahrhunderts immer häufiger atmosphärische Bedingungen, die einen eher trockenen, regenarmen Monsun begünstigen, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Environmental Research Letters“ berichten.
Wenn die Regenzeit ausfalle oder kaum Niederschlag bringe, könne dies für die Wirtschaft Indiens schwerwiegende Folgen haben. Denn ein Großteil der Landwirtschaft auf dem Subkontinent sei auf den Monsunregen angewiesen, sagen die Forscher.
„Unter den jetzigen Klimabedingungen ist ein schwerwiegender Ausfall des indischen Monsunregens eher unwahrscheinlich“, schreiben Jacob Schewe vom PIK Potsdam und seine Kollegen. Aber wenn der Klimawandel so fortschreite wie prognostiziert, dann könnte ein regenarmer Monsun ab Ende dieses Jahrhunderts häufiger auftreten als der heute normale regenreiche.
Kontrast zwischen Land und Meer bringt Regen
Der indische Monsunregen wird durch einen starken Temperaturkontrast zwischen Land und Meer im Frühjahr ausgelöst, wie die Forscher erklären. Über der Landmasse steigt erwärmte Luft nach oben, vom Meer aus strömt daraufhin feuchte Luft ins Landesinnere nach. Dort angekommen steigen diese Luftmassen auf, bilden dabei Wolken und geben ihre Feuchtigkeit als Regen ab. Am Boden kann nun weitere feuchte Luft nachströmen – es entsteht eine positive Rückkopplung.
Dieser sich selbst verstärkende Effekt wirkt aber auch in umgekehrter Richtung, wie die Modellierung zeigte. Unter wärmeren Bedingungen schwächt sich Luftströmung über dem Subkontinent ab und kehrt sich sogar um. Dadurch gelangt im Sommer nicht feuchte, sondern trockene Luft nach Indien – der große Regen bleibt aus. Gleichzeitig verhindert diese Wetterlage, dass feuchte Luft vom Indischen Ozean ins Landesinnere gelangen kann.
Bisher sei der feuchte Monsun noch der Normalfall in Indien, sagen die Forscher. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in den 1870er Jahren habe es immer mehr regenreiche als trockene Monsunjahre gegeben. Mit fortschreitendem Klimawandel könnte sich dies ändern. „Im warmen Klima der Jahre 2150 bis 2200 wird sich diese Verteilung umgekehrt haben: Jahre mit trockenem Monsun werden häufiger als feuchte“, beschreiben die Wissenschaftler das Ergebnis ihrer Klimasimulation. Zwar könne eine wärmere Atmosphäre mehr Feuchtigkeit speichern und die Niederschläge würden dadurch in Zukunft allgemein heftiger. Die klimabedingte Verschiebung der Luftströmungen sorge aber dafür, dass die feuchte Luft im Sommer nicht mehr nach Indien gelange.
Für ihre Studie hatten die Forscher ein Klimamodell des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg genutzt, um den Monsunverlauf über insgesamt 6.030 Jahre hinweg zu simulieren. Dabei fütterten sie das Modell mit Klimadaten aus der Vergangenheit um die Monsungeschichte zu rekonstruieren. Sie simulierten aber auch die für die nächsten beiden Jahrhunderte prognostizierte Klimaerwärmung und die dadurch bedingten Veränderungen des indischen Sommermonsuns.
(Environmental Research Letters, 07.11.2012 – NPO)