Wissenschaftler der Universität Ulm haben ein neues Biopolymer als Transportsystem für Medikamente gegen die Akute Myeloische Leukämie (AML) entwickelt. Schlüsselbestandteile in der Behandlung des Blutkrebses sind sogenannte Anthrazykline. Bisher hilft diese Art der Chemotherapeutika jedoch nicht allen AML-Patienten und löst zudem häufig starke Nebenwirkungen aus. Dank des neuen Trägers könnte die gezieltere Anwendung Nebeneffekte auf gesunde Zellen verringern und die Chemotherapie effektiver werden. Ihre Ergebnisse stellten die Forscher im Fachmagazin „Advanced Healthcare Materials“ vor.
Die AML ist eine Erkrankung des blutbildenden Systems, die vor allem ältere Menschen betrifft. Ohne Behandlung können Patienten innerhalb einiger Wochen sterben. Allerdings sprechen bis zu 80 Prozent der Betroffenen auf eine Erstbehandlung mit dem Wirkstoff Anthrazyklin an. Als gefährliche Nebenwirkung attackiert das Krebsmittel jedoch, wie die meisten Chemotherapeutika, auch gesunde Körperzellen – zum Beispiel im Herzmuskel. Daher kommt es bei vielen der ohnehin geschwächten Patienten im Nachhinein zu Rhythmusstörungen und Herzinsuffizienzen. Auf der Reise durch das Blut verliert das Krebsmittel zudem an Wirksamkeit, weil es rasch abgebaut wird. So kann es im Laufe der Chemotherapie sogar zu Resistenzen der Krebszellen gegen die Medikamente kommen. Die Forscher erklären ihre Motivation mit der Notwendikeit eines nebenwirkungsarmen Wirkstoffes: „Einen vielseitig einsetzbaren Träger, der Wirkstoffe gezielt, mit einem hohen Therapieerfolg, in Krebszellen transportiert, gab es noch nicht“, sagen sie.
Biopolymere als Wirkstofftaxis
Mit einem neuartigen Verfahren haben die Ulmer Forscher jetzt von menschlichen Proteinen abgeleitete Biopolymere als Wirkstoff-Träger hergestellt. Der Vorteil: Dank ihrer „Zwiebelstruktur“ können die Transporter zahlreiche Arznei-Moleküle aufnehmen und mit geringem Wirkverlust in die Tumorzellen liefern. Am Einsatzort werden die krebshemmenden Substanzen dann in zwei Stufen gezielt freigesetzt.
Im Tiermodell zeigte sich bereits eine erhöhte Überlebensrate der erkrankten Tiere. „Das Biopolymer könnte dabei helfen, die nächste Generation von Chemotherapeutika noch effektiver und sicherer zu machen“, sagt Tanja Weil, Leiterin des Instituts für Organische Chemie. Allerdings seien weitere pharmakologische Studien nötig, um das Wirken des neuen Nano-Transporters im menschlichen Körper zu verstehen. „In den nächsten Untersuchungen soll die verbesserte Wirkung des neuen Wirkstoffträgers an Patientenproben bestätigt werden“, ergänzt Christian Buske. Zudem sei geplant künftig Kombinationen verschiedener Therapeutika auf die leukämische Zellen anzuwenden. Denn aus klinischen Studien sei bekannt, dass Leukämiezellen auf Chemotherapie-Kombinationen gut reagierten.(doi: 10.1002/adhm.201200268)
(Universität Ulm, 21.12.2012 – KBE)