Medizin

Antibiotika: Chinas Schweine als Resistenzschleuder

Futterzusätze mit Schwermetallen und Antibiotika fördern hoch mobile Resistenzen bei Bakterien

Schwein © Dieter Lohmann

Chinas Schweinefarmen geben mit Gülle und Mist eine potente Mischung aus Schwermetallen und Antibiotika an die Umwelt ab. Dadurch aber fördern sie die Entstehung von hoch mobilen Resistenzen bei Keimen in Mist und Boden. Forscher entdeckten in diesen knapp 150 hoch angereicherte Resistenzgene, die die Keime gegen nahezu alle gängigen Antibiotika immun machen. Damit seien solche Farmen eine akute Bedrohung auch für die Medizin weltweit, warnen die Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings fo the National Academy of Sciences“.

Vor allem der extreme Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht und Tiermast, aber auch in der Medizin, hat dafür gesorgt, dass immer mehr Reste dieser Medikamente in Böden und Gewässer gelangen. Wenn aber Bakterien, egal ob krankmachend oder harmlos, ständig mit diesen für sie schädlichen Stoffe konfrontiert sind, entwickeln sie im Laufe der Zeit entsprechende Gegenmaßnahmen: Sie bilden Pumpen, die die Antibiotika aus ihren Zellen hinausschaffen, deaktivieren die Medikamente mittels spezieller Blockadesubstanzen oder schirmen ihre Zellen gegen ein Eindringen der Stoffe ab. Sind die Gene für diese Resistenz-Mechanismen einmal entwickelt, werden sie durch Genaustausch leicht auch an andere Bakterienarten weitergegeben. Und genau dies passiert zurzeit weltweit in alarmierendem Tempo.

Gene gegen alle Antibiotika

Welche Rolle der in vielen Ländern noch ungehemmte Eintrag von Antibiotikaresten dafür spielt haben Yong-Guan Zhu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und seine Kollegen jetzt in China untersucht. „Allein im Jahr 2007 wurden hier 210 Millionen Kilogramm Antibiotika produziert und davon fast die Hälfte in der Tierproduktion eingesetzt“, erklären die Forscher. Für ihre Studie fahndeten sie mit Hilfe moderner Gentechnik gezielt im Boden und Mist von drei großen Schweinmastanlagen nach Resistenzgenen gegen Antibiotika.

Mit alarmierendem Ergebnis: In den Proben fanden sich bis zu 30.000fach erhöhte Konzentrationen von insgesamt 149 verschiedenen Resistenzgenen, wie die Wissenschaftler berichten. Diese Gene machen Bakterien immun gegen alle gängigen Antibiotikaklassen – und verhelfen ihnen zu allen drei bisher bekannten Abwehrmechanismen gegen die Medikamente. Und noch etwas fiel den Forschern auf: Obwohl den Schweinen in den einzelnen Anlagen immer nur bestimmte Antibiotika verabreicht wurden, fanden sich im Mist und Boden immer auch Abwehrgene gegen andere, dort nicht verwendete Arten. Das zeige, dass diese Gene hochmobil seien und intensiv unter den Bakterien verschiedener Gebiete ausgetauscht worden sind, konstatieren Zhu und seine Kollegen. Das Erbgut der Bakterien in den Proben enthalte besonders viele DNA-Abschnitte, die einen Transfer der Resistenzgene erleichtere.

Schweine in einer chinesischen Großanlage. © San'an Nie

Schwermetalle machen Gene mobil

Weitere Analysen brachten auch einen Hinweis, was diese Gene so besonders mobil gemacht haben könnte: Die Schweine in diesen Farmen hatten nicht nur Antibiotika erhalten, sondern auch Futterzusätze, die Schwermetalle wie Zink, Kupfer und Arsen enthalten. Diese Chemikalien sollen eigentlich die Mästung beschleunigen, wirken aber offensichtlich auch auf die Bakterien, mit denen sie in Berührung kommen, so die Schlussfolgerung der Forscher. Der Kontakt mit den Schwermetallen fördere wahrscheinlich die Resistenzbildung und den Transfer der Gene zusätzlich.

„Die Vielzahl und Häufigkeit der Resistenzgene, die wir in dieser Studie gefunden haben, ist alarmierend“, betonen die Forscher. Dies zeige deutlich, dass ein ungebremster Einsatz von Antibiotika und Schwermetallen bei der Schweinemast entscheidend dazu beitrage, die Gefahr durch resistente Keime zu erhöhen. (Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2013; doi: 10.1073/pnas.1222743110)

(National Academy of Sciences, 12.02.2013 – NPO)

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