Astronomen haben die erste vollständige Karte der Hintergrundstrahlung unseres Universums erstellt. Sie zeigt, wie unser Kosmos nur 380.000 Jahre nach dem Urknall aussah und liefert damit wichtige Informationen darüber, ob unsere Vorstellung der Welt und ihrer physikalischen Gesetze stimmt oder nicht. Die Daten für die Karte stammen vom Planck-Weltraumteleskop, das die aus der fernen Vergangenheit erhaltenen Mikrowellen hochaufgelöst einfing. Wie das internationale Forscherteam berichtet, bestätigen die neuen Daten das Standardmodell der Kosmologie, zeigen aber auch einige Abweichungen.
Direkt nach dem Urknall herrschten im jungen Kosmos noch Temperaturen von mehreren Millionen Grad Celsius. Aus diesem energiegeladenen Plasma bildeten sich die Bausteine der heutigen Materie, darunter auch Protonen, Elektronen und Photonen. Nach knapp 380.000 Jahren war die Temperatur des sich ausdehnenden Universums auf etwa 2.700 Grad gesunken. Die bis dahin auftretenden Nebel lösten sich auf und die kosmische Hintergrundstrahlung entstand. Die ersten Galaxien mit Sternen und später auch die Planeten bildeten sich erst 400 Millionen Jahre nach dem Urknall.
Mikrowellen erlauben Blick in die kosmische Frühzeit
Als sich der Kosmos weiter ausdehnte und abkühlte, wurde die anfangs kurzwellige Hintergrundstrahlung zu längeren Wellenlängen hin verschoben, sodass wir sie heute als kosmischen Mikrowellenhintergrund wahrnehmen (CMB von englisch Cosmic Microwave Background). Winzige Temperaturschwankungen in diesem Hintergrund spiegeln kleinste Unterschiede in der Verteilung der Dichte im frühen Universum wieder. „Das erlaubt uns, Rückschlüsse auf die frühe Verteilung der Materie zu ziehen und Parameter der kosmischen Entwicklung in einer bisher nicht möglichen Qualität zu bestimmen“, erklärt Torsten Enßlin vom Max-Planck-Institut für Astrophysik.
Der Planck-Satellit wurde gebaut, um diese Fluktuationen über den gesamten Himmel mit bisher unerreichter Auflösung und Empfindlichkeit zu vermessen – mit dem Ziel, Zusammensetzung und Entwicklung des Universums vom Beginn bis heute zu bestimmen. Er besitzt dazu zwei hochempfindliche Instrumente, das Hochfrequenzinstrument HFI und das Niederfrequenzinstrument LFI. Beide zusammen decken einen besonders breiten Frequenzbereich der Strahlung von 25 bis 1.000 Gigahertz ab. Sie verfeinern und ergänzen die Ergebnisse und Erkenntnisse der beiden Vorgängermissionen COBE (1989) und WMAP (2001) der US-Raumfahrtbehörde NASA.
Mehr dunkle Materie, langsamere Ausdehnung
„Die Daten von Planck passen extrem gut zum Standardmodell der Kosmologie“, sagt Enßlin. „Die kosmologischen Parameter konnten mit Planck jetzt so genau bestimmt werden wie nie zuvor.“
So bestätigen die Planck-Daten, dass die normale Materie, aus der Galaxien, Sterne und auch unsere Erde bestehen, nur mit rund 4,9 Prozent zur Massen- und Energiedichte des Universums beiträgt. Deutlich stärker vertreten als bisher angenommen ist dagegen die „Dunkle Materie“ mit fast 27 Prozent. Sie ist nicht sichtbar, sondern lässt sich nur indirekt, über ihre Schwerkraftwirkung, nachweisen.
Den neuen Erkenntnissen ist nach die Geschwindigkeit, mit der sich das Universum heute ausdehnt – die so genannte Hubble-Konstante – zudem geringer als bisher gedacht: Mit 67,15 Kilometer pro Sekunde pro Megaparsec (km/s/Mpc) liegt sie unter derzeitigen Standardwert von etwa 72 km/s/Mpc. Daraus folgt, dass das Universum etwas älter ist angenommen: nicht 13,7 Milliarden Jahre, sondern 13,82 Milliarden.
Unerwartete Fluktuationen und ein kalter Fleck
Allerdings gibt es aufgrund der extrem hohen Qualität der Planckdaten auch einige Ungereimtheiten, die sich nur schwer mit dem Standardmodell in Einklang bringen lassen. So sind die Fluktuationen der Mikrowellen auf großen Skalen geringer, als man das von den auf kleineren Skalen gemessenen Strukturen erwarten würde. Außerdem scheint eine Himmelsphäre etwas stärkere Strukturen aufzuweisen als die andere.
Und noch ein auffälliges Element tauchte in der Karte auf: ein kalter Fleck, der sich über eine viel größere Region erstreckt, als es den gängigen Modellen nach der Fall sein dürfte. Diese Daten könnten somit eine Erweiterung des Standardmodells oder sogar eine neue Theorie nötig machen. „Auch wenn wir diese Anomalien heute noch nicht verstehen, so können wir doch ausschließen, dass es sich um einen Vordergrundeffekt handelt“, sagt Enßlin. „Insbesondere der cold spot ist schon länger bekannt.“
(Max-Planck-Gesellschaft / DLR / ESA, 22.03.2013 – NPO)