Medizin

Dengue-Risiko weltweit viermal höher als gedacht

Statt bis zu 100 Millionen infizieren sich bis zu 390 Millionen jährlich mit dem Erreger

Risiko-Karte für Dengue-Infektionen anhand von aktuellen Hochrechnungen: In tropischen Gebieten von Asien, Afrika und Amerika ist das Risiko besonders hoch (rot). © Jane Messina, Oxford University / Nature.

Im Herbst brach das Dengue-Fiebers auf der portugiesischen Insel Madeira aus – es wandert nach Norden. Wissenschaftler haben nun die Ausbreitung der bisher unheilbaren Virus-Erkrankung und die Zahl der Neuinfektionen genauer betrachtet. Das Ergebnis: Das Risiko ist bisher von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als zu gering eingeschätzt worden. Denn weltweit sind dreimal mehr Menschen von Dengue-Fieber betroffen, als bislang angenommen: 390 Millionen Neuinfektionen gibt es pro Jahr, die WHO ging bislang von nur 50 bis 100 Millionen aus. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung der Uniklinik Heidelberg hat jetzt neben den neuen Daten auch eine Risiko-Karte der globalen Dengue-Verbreitung im Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht.

Das Dengue-Fieber ist die häufigste von Stechmücken übertragene Infektionskrankheit; weltweit leben circa 2,5 Milliarden Menschen in Dengue-Risiko-Gebieten. Eine Therapie oder Impfung gegen das Virus gibt es nicht. Vor allem Kinder in tropischen Ländern sind in Gefahr, schwer an Dengue zu erkranken oder sogar daran zu sterben. Reisende, die sich angesteckt haben, bringen die Infektionskrankheit auch nach Europa. So wurden im Jahr 2010 erste Fälle einer direkten Dengue-Übertragung durch die so genannte Asiatische Tiger-Mücke aus Südfrankreich und Kroatien gemeldet. Und im Herbst 2012 gab es einen Dengue-Ausbruch auf der Ferieninsel Madeira in Portugal.

Asien am stärksten betroffen

Um einen Überblick über das aktuelle globale Dengue-Risiko zu bekommen, hat nun ein internationales Forscherteam eine Risiko-Weltkarte erstellt. Dazu analysierten die Wissenschaftler des Forschungsnetzwerks IDAMS (International Research Consortium on Dengue Risk Assessment, Management and Surveillance) mehr als 8.000 Berichte von Dengue-Infektionen aus den Jahren 1960 bis 2012. Faktoren wie Klima, Armut, Bevölkerungsdichte und Infrastruktur flossen in die Hochrechnungen ein. Demnach kommen auf Asien mit rund 270 Millionen Fällen rund 70 Prozent der Erkrankungen. Es folgen Afrika mit rund 64 Millionen und Amerika mit 54 Millionen Neuinfektionen pro Jahr. „Die neuen Daten zeigen, dass auch Afrika viel stärker betroffen ist, als bislang angenommen“, erklärt Thomas Jänisch, Tropenmediziner von der Universität Heidelberg. Gerade für Afrika habe es bisher keine soliden Schätzungen gegeben.

Die Forscher von der Sektion für klinische Tropenmedizin an der Universität Heidelberg tragen zu dem Projekt mit einer multizentrischen Studie über insgesamt rund 10.000 Patienten in Gesundheitseinrichtungen in Asien und Lateinamerika bei. Ärzte und medizinisches Personal, etwa aus Vietnam und Brasilien, geben vor Ort Patientendaten wie Symptome und Laborwerte in eine spezielle Eingabemaske ein. Um die richtige Anwendung und die Qualität der Daten zu sichern, werden alle teilnehmenden Partner vor Ort geschult. Die Daten werden nach Heidelberg übermittelt und hier von Epidemiologen ausgewertet.

Schwierige Diagnose

„Eine Dengue-Infektion kann sehr unterschiedlich verlaufen“, erklärt Jänisch. “ So gebe es insgesamt wesentlich mehr Infizierte als registrierte Fälle, da die Erkrankung oft zum Beispiel der Malaria ähnelt. Doch die Infektionszahlen steigen, was sich auch in der Arbeit der Tropenmedizinischen Ambulanz der Uniklinik niederschlägt: Es werden inzwischen mehr Reiserückkehrer mit Dengue-Fieber als mit Malaria diagnostiziert und behandelt.

„Wir möchten herausfinden, wie Ärzte in einem frühen Fieberstadium der Erkrankung einen schweren Verlauf erkennen oder sogar voraussagen können“, erklärt Jänisch das Anliegen der Heidelberger Tropenmediziner. Denn die Patienten mit schwerem Verlauf müssen im Krankenhaus aufgenommen und engmaschig beobachtet und mit Flüssigkeitsinfusionen behandelt werden. (Nature, 2013; uni-heidelberg )

(Universitätsklinikum Heidelberg, 11.04.2013 – KBE)

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