Astronomie

Bizarrer Doppelstern bestätigt Einstein

Paar aus ultraschwerem Pulsar und Weißem Zwerg belegt Krümmung der Raumzeit und Gravitationswellen

Doppelsternsystem aus kleinen, aber extrem schweren Pulsar und Weißem Zwerg. Der Pulsar strahlt Radiowellen ab, die dann auf der Erde mit Hilfe von Radioteleskopen empfangen werden können. © ESO/L. Calçada

Ein ungewöhnliches Sternenpaar hat Astronomen dabei geholfen, Albert Einsteins Theorie der Gravitation – die Allgemeine Relativitätstheorie – zu überprüfen und zu bestätigen. Denn das Paar aus einem extrem schweren Pulsar und einem Weißen Zwerg krümmt das Raum-Zeit-Gefüge exakt wie vorhergesagt. Zudem entspricht der allmähliche Energieverlust beider Partner genau dem, der durch abgestrahlte Gravitationswellen auftreten müsste. Das Doppelsternsystem habe sich damit als einzigartiges Testlabor für die Gültigkeit von Einsteins Theorie auch in Extrembereichen erwiesen, berichten die Forscher im Fachmagazin „Science“.

Man nehme eine halbe Million Erden, quetsche sie in eine Kugel von nur 20 Kilometer Durchmesser und lasse sie schneller rotieren als einen Küchenmixer. Man erhielte dann einen Pulsar wie PSR J0348+0432. Dieser aus der Explosion einer massereichen Sonne entstandene Neutronenstern ist der massereichste seiner Art – und damit schon für sich genommen ungewöhnlich. Die Schwerkraft auf seiner Oberfläche ist mehr als 300 Milliarden mal stärker als auf der Erde. Zusätzlich aber hat der Pulsar einen Begleiter, einen deutlich leichteren Weißen Zwerg, der ihn in nur 830.000 Kilometern Entfernung umkreist, das ist nur wenig mehr als ein Sonnenradius. Der Zwerg benötigt daher nur 2,46 Stunden für einen Umlauf um den Schwerkraftriesen.

Ultraschwerer Brocken und Leichtgewicht

„Dieses ungewöhnliche Paar ist als solches schon interessant“, erklärt Marten van Kerkwijk von der University of Toronto, einer der Autoren der Studie. „Aber es ist auch ein einzigartiges Labor, um die Grenzen einer der fundamentalsten Theorien der Physik zu testen, die Allgemeine Relativität.“ In dieser Theorie beschreibt Albert Einstein die Gravitation als eine Folge der Krümmung der Raumzeit. Ähnlich wie eine schwere Bowlingkugel eine Matratze um sich herum eindellt, erzeugt auch ein massereiches Objekt im Weltraum eine Art Kuhle im Raum-Zeit-Gefüge. Bewegt sich ein viel leichteres Objekt, beispielsweise ein Tischtennisball, im Einzugsbereich dieser Kuhle, wird seine Bahn dadurch beeinflusst.

In extremen Fällen, wie beispielsweise dem sehr nahe kreisenden ultraschweren Pulsar und seinem leichten Begleiter, kann diese Wechselwirkung auch kurzzeitige Falten und Wellen der Raumzeit auslösen. Im Laufe der Zeit führen solche Gravitationswellen dann dazu, dass beide Partner Energie verlieren und sich ihre Umlaufbahnen einander immer weiter annähern. Um diesen Effekt allerdings quantitativ nachweisen zu können, müssen die genauen Massen von Pulsar und Begleiter bekannt sein.

Das Doppelsternsystem sendet Gavitationswellen aus, sozusagen kleine Rippel in der Raumzeit. Obwohl diese Wellen von Astronomen auf der Erde nicht direkt nachgewiesen werden können, können sie indirekt vermessen werden, indem man die kleinen Veränderungen in der Umlaufbahn des Systems durch den Energieverlust misst. © ESO/L. Calçada

Radiosignale zeigen Effekt der Gravitationswellen

„Ich habe das Doppelsystem mit dem Very Large Telescope der ESO beobachtet, um nach Veränderungen in der Lichtkurve des Weißen Zwergs zu suchen, die durch seine Bewegung um den Pulsar verursacht werden“, erklärt Erstautor John Antoniadis vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. „Dieses Verfahren ermöglicht uns, sowohl den Weißen Zwerg als auch den Pulsar abzuwiegen und damit die Masse von beiden zu bestimmen.“

Mittels der so bestimmten Massen konnten die Astronomen dann den Energieanteil berechnen, der von dem Doppelsternsystem in Form von Gravitationswellen abgestrahlt wird. Ob sich die Umlaufperiode beider Partner ändert, überprüften sie anhand der Radiosignale des Pulsars. „Unsere Beobachtungen im Radiobereich sind sehr präzise, so dass wir eine Änderung in der Umlaufzeit von einer Achtmillionstel Sekunde pro Jahr messen konnten“, erklärt Paulo Freire, ein Mitglied des Teams. „Und das ist genau das, was Einsteins Theorie vorhersagt.“

Auch im Extemfall hat sich Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie als treffsicher erweisen. © NRAO

Bestätigung im Extrembereich fehlte bisher

Zwar wurde Einsteins Theorie auch schon an anderen Pulsaren getestet, aber nie zuvor an einem mit so hoher Schwerkraft. Das macht die Vermessung dieses Doppelsternsystems so spannend. Denn wenn die Allgemeine Relativität Fehler hat, dann sollten sich diese am ehesten im Bereich der Extreme, an den Grenzen des noch Erfassten zeigen. Abwandlungen und Alternativen zu Einsteins Theorie wiederum unterschieden sich von dieser nur in diesem Extrembereich. Ihren Vorhersagen nach müssten Pulsar und Weißer Zwerg schneller an Energie und damit Geschwindigkeit verlieren als nach Einsteins Theorie.

Die Messung zeigt nun jedoch, dass dies nicht der Fall ist – die Beobachtungen entsprechend exakt denen, die die Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhersagen. „Unsere Beobachtungen widerlegen diese Alternativen und geben uns weitere Sicherheit, dass Einsteins Theorie tatsächlich eine gute Beschreibung der Natur liefert“, sagt van Kerkwijk. (Science, 2013; doi: 10.1126/science.1233232)

(ESO/ MPI für Radioastronomie / University of Toronto / Science, 26.04.2013 – NPO)

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