Ein Klumpen aus Seifenblasen schwebt langsam in der Luft. Nach und nach verformt er sich und eine Blase nach der andern zerplatzt. Welchen mathematisch-physikalischen Regeln diese Schaumblasen beim Wachsen und Zerplatzen folgen, haben zwei US-Forscher jetzt erstmals genau rekonstruiert. Mit Hilfe ihrer Gleichungen erzeugten sie täuschend echte Simulationen von Seifenblasen, die sich verhalten wie ihre realen Gegenparts. Die Berechnungen haben aber auch praktischen Nutzen: Sie helfen beim Herstellen und Mischen von Schäumen aller Art, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.
Ob die Blasen des Spülwassers, die Schaumkrone eines frisch gezapften Bieres oder der Milchschaum auf den Cappuccino: Alle diese Schäume haben eines gemeinsam: Sie sind vergänglich. Lässt man sie länger stehen, schrumpfen sie in sich zusammen. Nach und nach zerplatzt Bläschen für Bläschen, bis am Schluss nichts mehr übrig bleibt. Was aber bestimmt, welches Bläschen als erstes kaputt geht und welches dann als nächstes folgt? Diese Frage haben sich auch die Mathematiker James Sethian und Robert Saye von der University in California in Berkeley gestellt und sind der Sache auf den mathematisch-physikalischen Grund gegangen.
Mehrere Sätze von Gleichungen kombiniert
Das Problem bei der Modellierung und mathematischen Beschreibung solcher Schäume ist es, dass das Entscheidende dabei in den extrem dünnen Wänden jedes Bläschen geschieht. Gleichzeitig aber müssen auch Prozesse und Wechselwirkungen berücksichtigt werden, die den Schaum als Ganzes beeinflussen. „Die extrem unterschiedlichen Maßstäbe in einem Schaum zu modellieren ist daher eine echte Herausforderung“, sagt Saye. „Wir haben in jedem der Maßstäbe identifiziert, welche physikalischen Prozesse dort ablaufen und dann dies zu einem größenordnungs-unabhängigen Ansatz kombiniert.“
Ein Satz von Gleichungen beschreibt beispielsweise, wie die Flüssigkeit durch die Einwirkung der Schwerkraft die Blasenwände hinabläuft und sie dadurch immer weiter ausdünnt. Ein zweiter Gleichungssatz beschreibt die Strömungen an den Kontaktstellen der einzelnen Blasen untereinander. Ein dritter erfasst die wackelige Umstrukturierung der Blasen im Schaum, nachdem eine oder mehrere geplatzt sind. Um eine möglichst realistische Simulation von Seifenblasen im Computer zu produzieren, fügten die Forscher zudem einen Satz Gleichungen hinzu, der die bunten, vom Licht auf der Blasenoberfläche erzeugten Schlieren nachbildet.
Viele praktische Anwendungen
Um den kombinierten Satz von Gleichungen in eine Simulation umzuwandeln, benötigten selbst die Supercomputer am Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) fünf ganze Tage. Das Ergebnis kann sich allerdings sehen lassen: Täuschend echt schwebt ein Kugel aus mehreren Bläschen in der Simulation durch den Raum und zeigen, wie nach und nach die Blasen zerplatzen und sich die Schaumkugel jedes Mal wieder neu anordnet. Am Ende steht, wie im richtigen Leben – nur Luft.
Aber abgesehen von dem faszinierenden Anblick haben die Berechnungen der Forscher auch ganz praktische Anwendungen: „Unsere Erkenntnisse helfen bei der Herstellung und beim Mischen von Schäumen aus Kunststoff und Metallen, aber auch bei der Modellierung von wachsenden Zellclustern“, erklärt Sethian. Denn verbundenen Gleichungen lassen sich immer dann nutzen, wenn es darum geht, die Bewegungen einer großen Zahl von dynamischen Grenzflächen zu beschreiben, die miteinander verbunden sind . (Science, 2013; doi: 10.1126/science.1230623)
(University of California, Berkeley, 14.05.2013 – NPO)