Der indische Monsun könnte sich durch den Klimawandel stärker ändern als bisher gedacht – mit weitreichenden Folgen für Millionen Bauern und die Nahrungsmittelversorgung Indiens. Steigen die globalen Temperaturen, wird die Regenzeit unberechenbarer: Von einem Tag auf den nächsten schwankt das Wetter dann stärker als bisher. Einem Tag sintflutartigem Regen kann dann Trockenheit folgen, wie deutsche Klimaforscher im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“ berichten.
Rund 80 Prozent der jährlichen Regenfälle in Indien finden während der Monsun-Zeit zwischen Juni und September statt. Diese Regenzeit ist daher entscheidend für die Wasserversorgung des Landes und insbesondere auch seine Landwirtschaft. Aber der Monsun ist anfällig für Störungen, eine ganze Reihe von Faktoren kann ihn verschieben oder die Regenfälle schwächer oder stärker werden lassen. Unter anderem deshalb ist es bisher schwierig zu prognostizieren, wie der Klimawandel den Monusn beeinflussen wird. So kann wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen, dadurch könnten auch die Regenfälle stärker werden. Andererseits verändert sich durch die globale Erwärmung aber auch die Temperaturverteilung innerhalb der Atmosphäre. Das wiederum beeinflusst die gegenwärtigen Muster der Luftdrucksysteme– und dadurch auch den Regen.
Um hier mehr Klarheit zu schaffen haben Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) nun Simulationen mit mehreren Klima-Modellen durchgeführt und verglichen. Ziel war es herauszufinden, wie sich der Monsun verändert, wenn die Temperaturen so steigen, wie es die verschiedenen Szenarien des Weltklimarats IPCC voraussagen. Die Forscher konzentrierten sich dabei auf die zehn Modelle, die den Monsun am realistischsten abbilden. Das sei ein konservativer Ansatz, weil diese zehn Modelle generell geringere Veränderungen zeigen als die übrigen. „Es geht hier nicht um die einzelnen Prozentzahlen – sondern um den klaren Trend und seine klare Botschaft“, sagt Arathy Menon vom PIK, Erstautorin der Studie.
Ein Tag Sintflut, einer Dürre
Das Ergebnis war tatsächlich sehr eindeutig: Alle Modelle zeigen verstärkte Schwankungen der täglichen Regenfälle in Indien. Im Vergleich zu präindustriellen Zeiten wird die tägliche Variabilität des Monsuns pro Grad globaler Erwärmung um 4 bis 12 Prozent stärker. „Das ist ein belastbarer Indikator“, sagt Menon. „Verstärkte Variabilität – das klingt erstmal technisch, hat aber ernste Folgen für jene Menschen, die zusätzliche Verluste einfach nicht verkraften können“, sagt Anders Levermann vom PIK, einer der Autoren der Studie. „Dass all diese verschiedenen Modelle hier übereinstimmen, macht klar, dass Anpassungsmaßnahmen nötig werden.“
Sogar wenn die mittleren Niederschläge in der Regenzeit unverändert blieben, seien die Folgen beträchtlich. „Wenn der Regen erst als Sturzbach kommt, und danach herrscht Trockenheit, kann das fatal sein, auch wenn im Durchschnitt die Regenmenge gleich bliebe“, erkärt Levermann. Anpassungsmaßnahmen, wie zum Beispiel intelligente Versicherungssysteme, müssten daher vor allem diese verstärkten Schwankungen auffangen.
Die stärkste Veränderung würde den Projektionen zufolge eintreten, wenn wir weiter unvermindert Treibhausgase ausstoßen – die täglichen Schwankungen würden laut der Studie dann um 13 bis 50 Prozent zunehmen. Bei Einhaltung der von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannten Begrenzung der globalen Erwärmung auf weniger als zwei Grad wäre die Veränderung mit 8 bis 24 Prozent wesentlich geringer. „Die Anpassungsmaßnahmen können also nicht die Reduktion der CO2-Emissionen ersetzen“, so Levermann, „Sie ist eine notwendige Ergänzung, die umso stärker sein muss, je mehr wir emittieren.“ (Geophysical Research Letters, 2013; doi: 10.1002/grl.50583)
(Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 21.06.2013 – NPO)