Die Scheidung der Eltern hinterlässt bei einem Kind mehr als nur psychische Spuren: Sie wirkt sich auch langfristig auf die Gesundheit dieser Scheidungskinder aus. Das zeigt eine Studie britischer Forscher. Demnach haben Erwachsene, die aus Scheidungsfamilien stammen, einen höheren Gehalt eines Entzündungs-Markers im But. Dieses sogenannte C-reaktive Protein gilt auch als Risikofaktor für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Entzündungen sind normalerweise eine effektive Abwehrreaktion des Immunsystems. Sie tragen dazu bei, eingedrungenen Erreger zu bekämpfen. Doch manchmal treten, oft zunächst unbemerkt, auch chronische Entzündungen auf. Diese schwelenden Prozesse schaden anstatt dass sie nützen. Denn sie tragen dazu bei, dass Gewebe und Organe nicht mehr richtig funktionieren und können diese Gewebe sogar langfristig zerstören. Solche chronischen Entzündungen spielen unter anderem für Krankheiten wie Arteriosklerose, Diabetes Typ 2 und auch für allergische Erkrankungen eine Rolle. Ein Indikator für eine Entzündung im Körper ist das sogenannte C-reaktive Protein (CRP).
Rebecca Lacey vom University College London und ihre Kollegen wollten in ihrer Studie wissen, welchen Einfluss die traumatische Erfahrung einer Scheidung auf das spätere Risiko für solche chronischen, schleichenden Entzündungen des Kindes hat. Denn es war zwar bereits bekannt, dass Kindheits-Erfahrungen die Gesundheit langfristig beeinflussen. Welche Rolle dies aber für entzündliche Prozesse spielt und über welche Mechanismen dies geschieht, war bisher unklar.
16 Prozent mehr Entzündungs-Marker
Für ihre Studie untersuchten die Forscher den gesundheitlichen Werdegang von 7.462 Menschen, die 1958 in Großbritannien geboren wurden. Allen Teilnehmern wurde regelmäßig Blut abgenommen und dieses auch auf den Gehalt des C-reaktiven Proteins untersucht. Die Wissenschaftler verglichen nun, wie hoch dieser Wert im 44. Lebensjahr bei den Teilnehmern war, die vor dem Alter von 16 Jahren eine Scheidung ihrer Eltern miterlebt hatten, und bei denen aus intakten Familien.
Das Ergebnis: Teilnehmer, die aus Scheidungsfamilien stammten, hatten im Durchschnitt 16 Prozent höhere Gehalte von C-reaktivem Protein im Blut. Gleichzeitig aber litten sie auch häufiger unter Übergewicht und hatten oft eine weniger gute sozioökonomische Stellung als Teilnehmer aus zumindest äußerlich intakten Familien.
„Eine Kette von Benachteiligungen“
Daraus schließen die Forscher, dass wahrscheinlich nicht die Erfahrung der Scheidung selbst für die höhere Entzündungs-Anfälligkeit verantwortlich ist. „Stattdessen wird das CRP erhöht durch eine Kette von Benachteiligungen im Laufe des Lebens, die durch die elterliche Trennung angestoßen wird“, so die Forscher. Scheidungskinder seien als Jugendliche häufiger materiell schlechter versorgt und hatten oft einen schlechteren Bildungsabschluss als Kinder aus Zwei-Eltern-Familien.
Nach Ansicht der Wissenschaftler bestätigt dieses Ergebnis, dass es wichtig ist, Kinder aus Scheidungsfamilien frühzeitig zu fördern und auch die alleinerziehenden Eltern besser zu unterstützen. Das trage nicht nur dazu bei, ihnen mehr Chancen im späteren Berufsleben zu geben, es fördere auch ihre Gesundheit. (Psychoneuroendocrinology, 2013; doi: 10.1016/j.psyneuen.2013.05.007)
(University College London, 12.07.2013 – NPO)