Der Tyrannosaurus rex war der größte Fleischfresser der Kreidezeit. Aber fing er sich seine Beute wirklich selbst oder ernährte er sich primär von Aas? US-Forscher haben die Riesenechse jetzt quasi auf frischer Tat ertappt: Sie entdeckten den beim Biss abgebrochenen Zahn eines T.rex, eingewachsen in den Wirbelknochen eines pflanzenfressenden Dinosauriers. Das sei ein eindeutiger Beleg dafür, dass der Tyrannosaurus rex ein aktiver Jäger war – und kein reiner Aasfresser, konstatieren die Forscher im Fachmagzin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
„Eine der schwierigsten Aufgaben der Paläontologie ist es, das Verhalten und die Fressgewohnheiten ausgestorbener Organismen zu ermitteln“, erklären Robert DePalma vom Palm Beach Museum of Natural History in Fort Lauderdale und seine Kollegen. Wovon sich die Tiere ernährten, lässt sich meist noch an versteinertem Mageninhalt, Beuteresten oder der Zahnform ablesen. Wie sie es aber fraßen, darauf fehlen meist die entscheidenden Hinweise.
Im Todeskampf konserviert
Nur ganz selten finden Paläontologen Fossilien, bei denen Räuber und Beute direkt im Kampf starben und erhalten blieben. Ein Beispiel dafür stammt aus der Wüste Gobi: Hier entdeckten Forscher ein Exemplar des flinken, zweibeinig laufenden Raubsauriers Velociraptor und einen gehörnten Pflanzenfresser der Gattung Proteratops, die ineinander verbissen und verkeilt gestorben waren.
Im Falle der Tyrannosaurier fehlten bisher solche eindeutigen Belege ihrer Fressgewohnheiten, wie die Forscher berichten. Dieser Dinosaurier habe zudem lange Zeit als eher langsam und biss-schwach gegolten, daher habe man ihn als bloßen Aasfresser abgestempelt. Bestenfalls, so postulierte man, vergriff sich der T.rex an kleinen, schwachen Jungtieren anderer Dinosaurier-Arten. In jüngster Zeit aber hat sich das Bild des Tyrannosaurus rex gewandelt: Neue Untersuchungen zeigen, dass er mindestens so schnell rennen konnte wie ein Sprinter und dass auch seine Bisskraft völlig ausreichte, um selbst größere Beute reißen. Aber tat er das auch?
Fehlbiss mit Folgen
Eine Antwort auf diese Frage liefert nun ein neuer Fund aus der Hell Creek Formation in South Dakota, einer der reichhaltigsten Dinosaurier-Fundstätten weltweit. Dort stießen die Forscher inmitten zahlreicher anderer Knochen auf zwei Schwanzwirbel eines erwachsenen Entenschnabel-Dinosauriers, vermutlich aus der Gattung der Edmontosaurier. Diese Zeitgenossen des T.rex waren wuchtige Pflanzenfresser, die immerhin 13 Meter lang und bis zu drei Tonnen schwer wurden. Bei näherer Untersuchung der fossilen Wirbel entdeckten die Wissenschaftler einen Tyrannosaurier-Zahn, der tief in den Knochen eingedrungen war und dort feststeckte.
Spuren einer Infektion des umliegenden Knochengewebes und Knochenwucherungen über dem Zahn sprechen nach Angaben der Forscher dafür, dass der Edmontosaurus diesen Biss des Tyrannosaurus noch länger überlebt haben muss. „Der in seinem Schwanz steckende Zahn heilte ein und konservierte damit Belege für den Angriff und die Identität des Angreifers“, so die Wissenschaftler. „Das ist ein unzweifelhafter Beweis dafür, dass T.rex ein aktiver Räuber war.“ Das schließe aber keineswegs aus, dass der Fleischfresser nicht auch trotzdem ab und zu Aas gefressen habe – ähnlich wie es auch heute Löwen und andere Raubtiere tun.
Angriff von hinten
Das Fossil liefert auch einen Einblick in die Jagdstrategie des Tyrannosauriers: Er griff offenbar seine Beute von hinten an – ähnlich wie es auch heute noch die Löwen in der Kalahari tun, die ihre Beute durch einen Biss in die Hinterbeine am Flüchten hindern. Im Falle des T.rex funktionierte das aber offensichtlich nicht und der angegriffene Edmontosaurus konnte verletzt fliehen.
Der fehlgeschlagene Angriff bedeute aber nicht, dass der Tyrannosaurus ein schlechter Jäger war. „Heutige Landraubtiere wie Koyoten und Löwen scheitern auch in 45 bis 62 Prozent ihrer Angriffe“, so die Forscher. Ein Fehlschlag sei daher selbst bei guten Räubern ganz normal. (Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2013; doi: 10.1073/pnas.1216534110)
(PNAS, 16.07.2013 – NPO)