Energie

Mikrobielles Teamwork erzeugt Bio-Treibstoff

Arbeitsteilung macht Herstellung von Biosprit aus Pflanzenresten effektiver

So funktioniert die Produktion von Biosprit durch Pilz und Bakterium im Bioreaktor. © University of Michigan

Teamwork macht die Herstellung von Bio-Treibstoff effektiver: US-Forscher haben einen Pilz und ein Bakterium gefunden, die gemeinsam Maisstängel und andere harte Pflanzenreste in den Bio-Treibstoff Isobutanol umwandeln. Dieses mikrobielle Team erzielte dabei die bisher höchste Ausbeute bei der Umwandlung harter Pflanzenfasern in Treibstoff, wie die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

So funktioniert die Produktion von Biosprit durch Pilz und Bakterium im Bioreaktor.© University of Michigan

Noch immer suchen Forscher weltweit nach der optimalen Methode, um einen alternativen Kraftstoff herzustellen. Pflanzen sind ideale Lieferanten für Biotreibstoffe, denn sie enthalten energiereiche Kohlenstoffverbindungen, die zu Biodiesel, Bioethanol oder anderen Kraftstoffen umgewandelt werden können. Als sinnvoll und nachhaltig gilt die Herstellung solcher Treibstoffe aber nur, wenn die dafür benötigten Pflanzen und Anbauflächen nicht in Konkurrenz zur Nahrungsproduktion treten.

Unverdaulich, aber auch schwer zu knacken

Ein Weg wäre es daher, einfach Pflanzenabfälle zu nutzen – beispielsweise Stroh, Holzhäcksel oder andere Reste, die bei der Ernte oder der Holzverarbeitung übrig bleiben. „Die Biosynthese von Treibstoffen aus dieser Biomasse ist eine vielversprechende und nachhaltige Alternative zu erdölbasierten Treibstoffen“, erklären Jeremy Minty von der University of Michigan in Ann Arbor und seine Kollegen. Das aber hat bisher einen Haken: Diese Abfälle enthalten viel Lignozellulose, eine Substanz, die diese Pflanzenteile hart und stabil macht, aber auch ihren biologischen und chemischen Umbau erschwert.

Unter anderem deshalb sind solche verholzten Pflanzenteile auch für uns unverdaulich. Um dieses haltbare Molekül zu Biotreibstoff zu machen, ist eine ganze Kette von Schritten nötig, wie die Forscher erklären: Erst muss man geeignete Enzyme haben, die die verzweigte Struktur der Lignozellulose knacken. Dann muss diese in lösliche Zucker zerlegt werden und schließlich benötigt man noch Hilfsmittel, die die Zucker in den entsprechenden Treibstoff umwandeln, beispielsweise einen Alkohol wie Ethanol.

Teamwork statt Supermikrobe

„Bisher war die typische Strategie hier, eine Mikrobe zu züchten, die alle benötigten Umwandlungsschritte beherrscht“, erklären Minty und seine Kollegen. Doch solche Versuche, eine „Supermikrobe“ maßzuschneidern, sind nur bedingt erfolgreich. Meist hapert es an der Ausbeute – der mikrobielle Helfer arbeitet nicht effektiv genug.

Minty und seine Kollegen haben daher eine andere Strategie verfolgt: Teamwork. Sie entwickelten ein System, bei dem sich zwei Organismen die Aufgaben teilen: Ein Pilz, Trichoderma reesei, übernimmt den ersten Schritt und zerlegt die stabilen Lignozellulose-Ketten in Zucker. Da diese Pilzart in der Natur oft Holz befällt, bringt sie die Enzyme zum Knacken der Zellulose praktischerweise gleich mit. Den zweiten Schritt erledigt dann das Bakterium Escherichia coli. Von dieser Mikrobe existiert bereits ein gentechnisch veränderter Stamm, der aus löslichem Zucker Isobutanol herstellt. Dieser Alkohol liefert beim Verbrennen sogar mehr Energie als Ethanol – nur 18 Prozent weniger als Benzin, wie die Forscher erklären. Er sei daher ein effektiverer Bio-Treibstoff als Ethanol und gelte bereits als vielversprechende Alternative.

Höchste Ausbeute bei harten Pfanzenfasern

Die entscheidende Frage war aber nun: Wie groß ist die Ausbeute dieses Teamworks von Pilz und Bakterium? Um das zu testen, füllten die Forscher beide Mikrobenarten in einen Bioreaktor und gaben dann vorbehandelte Maisstängel und -blätter hinzu.

Das Ergebnis: „Ohne Zugabe von teuren Nährstoffen haben wir damit eine Ausbeute von 1,88 Gramm Isobutanol pro Liter Flüssigkeit erreicht“, berichten Minty und seine Kollegen. Das sei die bisher höchste Ausbeute bei einer Umwandlung harter Pflanzenfasern in einen Biotreibstoff. Das Team aus Pilz und Bakterium hatte immerhin 62 Prozent der aus dem Pflanzenmaterial extrahierbaren Energie umgesetzt.

Blick auf den Bioreaktor, in dem Pilze und Bakterien das Isobutanol produzieren © Joseph Xu / Michigan University

Stabile Gemeinschaft – trotz „Betrüger“

Und ein weiterer Vorteil: Die Gemeinschaft der beiden Mikroorganismen erwies sich als stabil. Keiner der beiden gewann dauerhaft die Oberhand und störte so die für die Umwandlung nötige Balance beider. Die Forscher führen dies auf die spezielle Art der Beziehung zwischen den beiden Partnern zurück: Sie bilden ein Team aus einem „Kooperateur“ und einem „Betrüger“, wie es in der Spieltheorie heißt.

Der Pilz ist dabei der Kooperative – er liefert den Zucker und teilt ihn mit dem Bakterium. Dieses wiederum verhält sich eigentlich eher unsozial. Es bedient sich beim Zucker, ohne dem Pilz dafür etwas zurück zu geben. Daher müssten die Bakterien eigentlich schnell die Oberhand gewinnen. Aber das verhindert der Pilz durch eine raffinierte Strategie: Er stellt die Zuckermoleküle nur direkt an seiner Zellwand bereit und stellt so sicher, dass er immer genügend davon abbekommt.

Rentabel auch im großen Maßstab

Dadurch bleiben beide in einer Balance, die das gesamte System stabil macht, wie die Forscher erklären. „Weil wir beide zusammen in einem Bioreaktor halten können, sind der Kapitalaufwand und die laufenden Kosten geringer“, erklärt Seniorautorin Xiaoxia Lin von der University of Michigan. Das mache es wahrscheinlicher, dass diese Methode auch im großen Maßstab wirtschaftlich rentabel arbeiten könnte.

Die Forscher arbeiten nun daran, die Ausbeute des Systems noch weiter zu steigern. Das könnte sich unter anderem dadurch erreichen lassen, dass sie die Toleranz der beiden Mikroben gegenüber Isobutanol erhöhen – denn zu viel davon ist für Pilz und Bakterium giftig. Aber es sei auch ohne Probleme möglich, das Team aus Pilz und Bakterium einfach einen anderen Bio-Treibstoff produzieren zu lassen, betonen die Wissenschaftler. Man müsste dafür nur den jetzt eingesetzten E.coli-Stamm gegen einen anderen austauschen, der dann beispielsweise aus dem Zucker Ethanol erzeugt. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2013; doi: 10.1073/pnas.1218447110)

(PAS, 20.08.2013 – NPO)

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