Vor rund 300 Jahren wurden sie plötzlich aufgegeben und versanken im Meeressand: Salzsiedeöfen im Mündungsgebiet von Ganges und Brahmaputra haben jetzt Forschern verraten, warum und wie schnell das Meer im Ganges-Delta vorrückte – und welche Rolle das Absinken der Erdkruste dabei spielt. Wie sie im Fachmagazin „Geology“ berichten, war es vermutlich ein Erdbeben und ein Supersturm, die das Schicksal der alten Salzsieder besiegelten.
Das Delta von Ganges und Brahmaputra ist das größte Mündungsgebiet der Erde. Es bedeckt eine Fläche, die etwa doppelt so groß wie das Bundesland Bayern, jedoch sehr viel dichter besiedelt ist. Von den rund 143 Millionen Menschen, die in diesem Delta leben, siedeln alleine fünf Millionen unmittelbar im Küstenstreifen – buchstäblich am Rand der bewohnbaren Welt: Denn mehr als 200 Flüsse transportieren jährlich geschätzt eine Milliarde Tonnen Sediment aus dem bis zum Himalaja reichenden Hinterland an die Küste und ins Meer. Diese Auflast wird mit der Zeit so groß, dass sie in diesen Regionen sogar die Erdkruste absinken lässt.
Salzsiedeöfen als Indikator
Dieser Effekt verstärkt noch die Gefährdung der flachen Küstengebiete durch den steigenden Meeresspiegel und die häufigen Wirbelstürme. Verlässliche Informationen darüber, wie stark das Delta durch die Sedimentlast absinkt und wie stark der Meeresspiegel zukünftig ansteigen wird, sind daher für die Bewohner des Ganges-Deltas besonders wichtig. Bislang fehlte es aber an entsprechenden Bezugshöhen, um die Prozesse über längere Zeiträume zu erfassen. Wissenschaftler aus Deutschland und Bangladesch haben diese Lücke nun geschlossen – mit Hilfe eines ungewöhnlichen Indikators.
Denn das Team um Till Hanebuth vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften in Bremen untersuchte 20 Salzsiedeöfen, in denen bis vor gut 300 Jahren Salz aus Meerwasser gewonnen wurde. Damals lagen die Öfen gerade noch oberhalb der Hochwasserlinie, heute jedoch bis zu 1,55 Meter unter dem Meeresspiegel. Markante Holzkohleschichten deuten darauf hin, dass die Salzsiederei schlagartig aufgegeben wurde. Mit Hilfe der sogenannten optisch stimulierten Lumineszenz, konnten die Wissenschaftler feststellen, dass die Öfen um das Jahr 1705 erloschen – aber warum?.