Das Profil bei Facebook und Co ist das virtuelle Aushängeschild der Nutzer. Es liegt daher nahe, dass diese Profile oft geschönt sind und sich Nutzer besser darstellen als sie sind. Aber stimmt das auch? Deutsche Forscher haben das nun überprüft. Ihr überraschendes Ergebnis: Facebook-Nutzer sind ehrlicher und realistischer als gedacht. Ihr Profil spiegelt in der Regel sehr gut ihre tatsächliche Persönlichkeit wieder.
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Mehr als eine Milliarde Menschen nutzen weltweit monatlich Facebook, um private und berufliche Informationen auszutauschen, miteinander in Kontakt zu bleiben und um neue Freunde, Partner oder berufliche Möglichkeiten kennenzulernen. Hierbei stehen Facebook-Nutzer wie im „realen“ Leben vor einer Reihe wichtiger Entscheidungen: Mit wem tausche ich mich aus? Wen kann ich leiden? Wem vertraue ich? Wen möchte ich näher kennenlernen? Die vielfältigen auf Facebook getroffenen sozialen Entscheidungen beruhen zwangsläufig darauf, wie die Nutzer und deren soziale Partner sich online verhalten und gegenseitig beurteilen – welche Informationen sie auf Facebook-Profilen hinterlassen und zu welchen Schlüssen sie auf Basis dieser Informationen kommen.
Bislang weiß man jedoch sehr wenig über diese Prozesse. Es wird jedoch oft angenommen, dass viele Menschen Facebook nutzen, um sich in einem optimalen Licht darzustellen. Zum anderen geht man davon aus, dass sich viele Facebook-Nutzer nicht darüber im Klaren sind, welchen Eindruck sie damit auf andere machen. Wissenschaftler der Universitäten Münster, Mainz und Göttingen haben die Ehrlichkeit und Selbsteinschätzung von Facebook-Nutzern nun genauer untersucht. Für ihre Studie analysierten sie zahlreiche Facebook-Profile – Fotos, Selbstbeschreibungen, Pinnwandeinträge und verlinkte Freunde.
Guter Spiegel der realen Persönlichkeit
Dabei zeigte sich: Entgegen der Annahme dienen persönliche Profilseiten von Facebook weniger der Selbstidealisierung als gedacht. Sie spiegeln stattdessen erstaunlich gut die tatsächliche Persönlichkeit der Profilinhaber wider. Facebook-Nutzer haben zudem einen genauen Eindruck davon, wie sie auf andere wirken. Gemogelt und geschönt wird nur in relativ wenigen Persönlichkeitsbereichen. „Die Vermutung, dass die sozialen Netzwerke vor allem oder allein der optimalen Selbstdarstellung und Idealisierung dienen, ist falsch. Die Nutzer sind weit ehrlicher und realistischer als angenommen“, betont Mitja Back vom Institut für Psychologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU).
Die Forscher konnten durch ihre Untersuchung auch erklären, welche Eigenschaften auf Facebook populär machen – und warum. Personen mit einer hohen Bescheidenheit, Gutherzigkeit und einem Fokus auf soziale Gemeinsamkeiten sind demnach sehr beliebt – ebenso wie Menschen mit einer großen Offenheit für neue Erfahrungen und einer gewissen künstlerischen Ader. Selbstbewusste, extrovertierte, dominante Personen, denen es vor allem um das persönliche Vorankommen geht, sind dagegen zwar weniger beliebt, haben aber einen hohen sozialen Status.
Wie im richtigen Leben
Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, dass soziale Verhaltensweisen und Wahrnehmungen auf Facebook nach ähnlichen Prinzipien funktionieren wie im realen Leben. Wie bei direkten sozialen Begegnungen liegen auch auf Facebook starke Unterschiede zwischen Menschen darin, wie extravertiert oder zurückhaltend, originell oder angepasst, freundlich oder motzig, organisiert oder planlos, selbstbewusst oder selbstmitleidig sie sich verhalten. Sie unterscheiden sich darin, wie viel und was sie über sich berichten, wie sie aussehen und welchen sozialen Gruppierungen sie sich anschließen. Diese sichtbaren Unterschiede werden durch zugrundeliegende Persönlichkeitsunterschiede der Facebook-Nutzer erklärt und werden bei sozialen Beurteilungen und den darauf aufbauenden sozialen Entscheidungen herangezogen.
(Westfälische Wilhelms-Universität Münster, 09.09.2013 – NPO)