Physik

Forscher erzeugen schärfsten Röntgenstrahl der Welt

Speziallinse fokussiert Strahl erstmals auf nur knapp fünf Nanometer

Rekonstruktion des Nanometer-kleinen Röntgenfokus. Je blau-grüner, desto intensiver. © Universität Göttingen

Der schärfste Röntgenstrahl der Welt leuchtet in Hamburg: Am Forschungszentrum DESY haben Physiker den Strahl einer Röntgenquelle erstmals so scharf fokussiert, das er nur noch knapp fünf Nanometer dick ist – das ist zehntausendmal dünner als ein menschliches Haar. Der feine Strahl könnte künftig dabei helfen, Nanostrukturen wie beispielsweise Komponenten von Solarzellen, besser abbilden und untersuchen zu können.

Energiereiches Röntgenlicht lässt sich nicht einfach fokussieren wie sichtbares Licht mit einem Brennglas. Denn normale Linsen funktionieren für diese Strahlung nicht. Bis vor kurzem waren Forscher daher noch uneinig darüber, ob nicht fundamentale Grenzen sehr kleine Fokusgrößen bei Röntgenstrahlen unmöglich machen. Physiker der Universität Göttingen haben nun einen Trick angewendet: Eine nur etwa zwei tausendstel Millimeter große Drahtscheibe dient ihnen als Linse. Sie bricht das Licht nicht wie eine Glaslinse, sondern streut es wie ein optisches Gitter, das ein Muster aus hellen und dunklen Bereichen erzeugt.

Damit dies funktioniert, muss die Drahtscheibe aus verschiedenen Schichten aufgebaut sein. Als zentraler Träger dient dabei ein feiner, nur knapp einen tausendstel Millimeter dicker Wolframdraht. Rund um den Draht werden abwechselnd Nanometer-dünne Schichten aus Silizium und Wolfram aufgetragen. Aus dem beschichteten Draht schneiden die Physiker eine dünne Scheibe. „Über diese Scheibe ziehen sich 50 bis 60 Silizium- und Wolframschichten ähnlich wie die Ringe einer Baumscheibe“, erläutert Florian Döring.

Die Dicke der Schichten ist so gewählt, dass alle hellen Bereiche des Beugungsmusters auf einen einzigen Punkt fallen – den Fokus. Je genauer die Linse gearbeitet ist, desto schärfer wird dieser Röntgenfokus. Dass dies tatsächlich funktioniert, zeigte sich bei ersten Tests an der Röntgenquelle PETRA II des Forschungszentrums DESY in Hamburg. Die Physiker erreichten auf diese Weise einen Röntgenstrahl von 4,3 Nanometern Durchmesser in horizontaler Richtung und 4,7 Nanometern Durchmesser in vertikaler Richtung. Das ist feiner als jemals zuvor erreicht.

Elektronenmikroskopische Aufnahme der winzigen Linse auf einer Nadelspitze. Die Linse hat nur rund zwei tausendstel Millimeter (2 Mikrometer) Durchmesser. © Universität Göttingen

Bessere Sicht auf Nanostrukturen

Der feine Röntgenstrahl eröffnet neue Möglichkeiten für die Materialforschung, etwa zur Untersuchung von Nanodrähten, die in Solarzellen zum Einsatz kommen sollen. „Normalerweise kann man beispielsweise bei der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung einer Probe nur Strukturen auflösen, die größer sind als der Strahl selbst. Vor diesem Experiment lag die Grenze noch bei etwa 20 Nanometern“, erläutert DESY-Forscher Michael Sprung, der verantwortliche Wissenschaftler für die PETRA-Messstation P10, an der die Experimente stattfanden.

Als nächsten Schritt wollen die Forscher die Leistungsfähigkeit der Linse weiterentwickeln und die Schichten dazu auf einer ultradünnen und extrem gleichförmigen Glasfaser aufbringen. Zudem planen sie, erste Nanostrukturen mit ihrem neuen ultrafeinen Strahl zu untersuchen. In Zukunft soll eine solche Linse dabei helfen, Röntgenfoki mit höchster Leuchtkraft mit der Strahlung von Freie-Elektronen-Lasern (FEL) zu erzeugen.

(DESY, 30.09.2013 – NPO)

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