Ein Bit pro Atom: Nach diesem Prinzip würde man gerne die magnetischen Datenspeicher der Zukunft bauen. Diesem Ziel ist nun ein deutsches Forscherteam einen großen Schritt näher gekommen. Sie haben ein einzelnes Atom eines Seltenerd-Metalls so auf einer Platinoberfläche fixiert, dass sein Spin über zehn Minuten stabil blieb, wie sie im Fachmagazin „Nature“ berichten. Dies könnte wichtige Voraussetzungen auch für Quantencomputer schaffen.
Heute braucht man noch einen Verbund von mehreren Millionen Atomen, damit ein magnetisches Bit so stabil ist, dass Festplattendaten über Jahre sicher sind. „Ein einzelnes Atom fixiert auf einer Unterlage ist meist so empfindlich, dass es nur Bruchteile einer Mikrosekunde (200 Nanosekunden) seine magnetische Ausrichtung beibehält“, erklärt Wulf Wulfhekel vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT).
Zusammen mit Kollegen hat er es nun geschafft, diese Zeit um einen Faktor von etwa einer Milliarde auf mehrere Minuten zu verlängern. „Dies öffnet nicht nur das Tor zu dichteren Computerspeichern, sondern könnte auch für den Aufbau von Quantencomputern einen Grundstein legen“, so Wulfhekel. Quantencomputer basieren auf den quantenphysikalischen Eigenschaften von atomaren Systemen und könnten zumindest in der Theorie manche Rechenaufgaben um ein Vielfaches schneller lösen als klassische Computer.
Unsichtbar für Störeinflüsse
In dem aktuellen Experiment setzten die Forscher ein einzelnes Atom des Seltenerd-Metalls Holmium auf eine Platinunterlage. Bei Temperaturen nahe am absoluten Nullpunkt, bei minus 272 Grad Celsius, vermaßen sie die magnetische Ausrichtung des Atoms mit der feinen Spitze eines Rastertunnelmikroskops. Normalerweise stoßen die Elektronen der Unterlage und des Atoms quantenmechanisch rege miteinander und destabilisieren den Spin des Atoms in Mikrosekunden oder schneller.
Holmium und Platin bilden jedoch ein Quantensystem, dessen Symmetrieeigenschaften die störenden Wechselwirkungen bei tiefen Temperaturen ausschalten. „Um die Spin-Umklapp-Zeiten zu verlängern, haben wir den störenden Einfluss der Umgebung des Atoms ausgeblendet“, erklärt Arthur Ernst vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik. „Im Grunde sind Holmium und Platin füreinander in Bezug auf die Spinstreuung unsichtbar.“
Tatsächlich beobachteten die Forscher, dass das magnetische Moment erst nach circa zehn Minuten seine Richtung wechselte. „Das System hält seinen einmal eingestellten magnetischen Spin somit rund eine Milliarde Mal länger als vergleichbare atomare Systeme“, so Wulfhekel. Mit Hilfe externer Magnetfeldern ließe sich der Spin des Holmiums noch besser einstellen und so Informationen schreiben. Genau das will das Forscherteam nun versuchen. Wenn ihnen das gelingt, wären damit die Grundlagen für die Entwicklung kompakter Datenspeicher oder Quantencomputer gelegt. (Nature, 2013; doi: 10.1038/nature12759)
(Max-Planck-Gesellschaft / Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 14.11.2013 – NPO)