Vulkanausbrüche können den gesamten Flugverkehr einer Region lahm legen, wie Europa im April 2010 erleben musste. Jetzt haben Forscher eine Möglichkeit entdeckt, vorherzusagen, wie intensiv eine Eruption sein wird und wie groß die damit verbundene Wolke: Die Bodenbewegungen rund um den Feuerberg vor und während eines Ausbruchs verraten es, wie sie am isländische Vulkan Grimsvötn feststellten.
Islands Feuerberge hielten Fluglinien und Passagiere in den vergangenen Jahren ordentlich in Atem. 2010 brach der Eyjafjallajökull aus und legte den Flugverkehr über Europa für sechs lange Tage lahm. Mehr als 95.000 Flüge wurden gecancelt. Informationen zu Höhe, Zusammensetzung und Gefährlichkeit der Aschewolke füllten Tag für Tag die Nachrichten. Die feine Vulkanasche wird den Maschinen gefährlich, weil sie die Triebwerke verstopfen kann.
Spurensuche am Gletschervulkan
Nur ein Jahr später erwachte der Grímsvötn. Als er im Mai 2011 Lava und Asche spuckte, mussten in Nordeuropa immerhin 900 Flüge gestrichen werden. Für die Passagiere war das eine Geduldsprobe, für die Airlines ein finanzieller Verlust. Informationen über die Intensität und den Verlauf eines Vulkanausbruchs und die Ausprägung seiner Eruptionswolke sind auch deshalb heiß begehrt. Ein Team von isländischen und US-amerikanischen Forschern hat daher am Vulkan Grímsvötn nach möglichen Vorzeichen gesucht.
Für ihre Studie analysierten die Forscher Daten, die GPS-Stationen und Neigungswinkelmesser rund um den Grímsvötn vor und während der Eruption 2011 festgehalten hatten. Außerdem berechneten sie anhand von Bildern und Radarmessungen die Höhe der Aschewolke, die der Vulkan ausstieß. Beide Werte hängen letztlich von Größe, Lage, Form und Zustand der Magmakammer unter dem Vulkan ab ¬– und korrelieren erstaunlich gut, wie Sigrún Hreinsdóttir vom Nordic Volcanological Center der Universität Island in Reykjavik und ihre Kollegen berichten.
Bodenbewegungen verraten spätere Ausbruchsintensität
Vor einem Vulkanausbruch sammelt sich Magma in einer Kammer unter der Erdoberfläche. Wird der Druck zu groß, bahnt sich das flüssige Gestein seinen Weg nach oben. Mit Beginn der Eruption lässt der Druck wieder nach, und der Boden über der Kammer, der sich über die Jahre ganz langsam angehoben hat, senkt sich wieder – im Falle des Grímsvötn um insgesamt 50 Zentimeter.
Wie die Forscher feststellten, ist die Eruptionswolke später umso höher und größer, je schneller und heftiger dieses Absinken unmittelbar vor dem Ausbruch stattfindet. Ließen sich diese Bodendaten nahezu in Echtzeit analysieren, könnten sie Vorhersagen zum Beginn und zur Entwicklung explosiver Eruptionen und zur Höhe der Aschewolke stark verbessern, wie Hreinsdóttir und ihre Kollegen erklären.
Ein unkomplizierter Ausbruch
Dass die Bewegungen des Bodens, die Eruptionsintensität und die Ausdehnung der Aschewolke so gut zusammenpassen, sagt auch etwas über die Vorgänge im Inneren des Grímsvötn aus. Erstens: Das Magma bahnte sich keine neuen Wege mehr, nachdem der Ausbruch begonnen hatte. Zweitens: Die Menge der Gasblasen im Magma veränderte sich nicht nennenswert. Drittens: Es floss kaum Magma aus dem Erdinneren nach, während sich die Kammer leerte.
„Hätte einer dieser Prozesse stattgefunden, würde das Vorhersagen erschweren“, schreiben Paul Segall von der Stanford University und Kyle Anderson vom USGS Hawaiian Vulcano Observatory in einem Kommentar zur Studie. „Daher ist das relativ simple Verhalten des Grímsvötn im Jahr 2011 ermutigend.“ Vielleicht verlaufen auch andere Eruptionen weniger kompliziert als gedacht. (Nature Geoscience, 2014; doi: 10.1038/ngeo2044)
(Nature, 13.01.2014 – NPO)