Astronomie

Kleinplanet Ceres speit Wasserdampf

Ungewöhnliche Entdeckung beim größten Brocken des Asteroidengürtels

Der Kleinplanet Ceres speit an gleich mehreren Stellen Wasserdampf ins All. © IMCCE-Observatoire de Paris / CNRS / Y.Gominet, B. Carry

Überraschung im Asteroidengürtel: Der dort kreisende Kleinplanet Ceres speit Wasserdampf ins All – immerhin rund sechs Kilogramm pro Stunde. Das Ungewöhnliche daran: Diese Region des Sonnensystems galt bisher eher als trocken. Woher Ceres sein Wasser nimmt, ist bisher allerdings unklar. Es könnte von Eisflecken auf seiner Oberfläche kommen oder aber wie ein Geysir aus seinem Inneren emporsteigen, wie ein internationales Forscherteam in „Nature“ berichtet.

Der Asteroidengürtel gilt traditionellerweise eher als trockene Region. Denn er liegt eigentlich knapp innerhalb der sogenannten Schneegrenze. In diesem inneren Bereich eines Planetensystems kann sich gängiger Theorie nach Eis nicht dauerhaft halten. Im Asteroidengürtel dominieren daher steinige, eher eisarme Brocken, die bei der Planetenbildung im frühen Sonnensystem übrig blieben. Erst jenseits der Schneegrenze konnten eisreiche Planeten wie Neptun und Uranus entstehen, aber auch die transneptunischen Objekte – unzählige eisige Brocken und Kleinplaneten, die ihre Bahn jenseits des Neptun im Kuipergürtel ziehen.

Außenseiter im Gürtel

Der Kleinplanet Ceres zieht zwar seine Bahn ebenfalls im Asteroidengürtel, er steht aber schon länger im Verdacht, wasserreicher zu sein als seine Kompagnons. Planetenforscher vermuten sogar, dass Ceres eine ganze Schicht aus Eis unter seiner Kruste trägt. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass Ceres ursprünglich sehr viel weiter außen im Sonnensystem entstand und erst nachträglich nach innen verschlagen wurde.

Ein weiteres Indiz für diese Theorie haben jetzt Michael Küppers von der Europäischen Weltraumagentur ESA und seine Kollegen entdeckt. Sie hatten Ceres zwischen 2011 und 2013 mehrfach mit dem Spektrometer für fernes infrarot des Weltrumteleskops Herschel ins Visier genommen. Ihr Ziel war es, nach Hinweisen auf Wasser auf Ceres zu suchen.

Wassersignal von Ceres im Infrarot-Spektrometer des Herschel-Weltraumteleskops. © ESA/ATG medialab/Küppers et al.

Wasserdampf-Signal über dunklen Stellen

Und tatsächlich: In dem vom Kleinplaneten reflektierten Licht zeigte sich die typische Absorptionslinie von Wasser – ein Hinweis auf Wasserdampf, der von der Oberfläche aufsteigt. Das Signal war immer dann besonders stark ausgeprägt, wenn dunklere Stellen von Ceres‘ Oberfläche ins Blickfeld des Teleskops gerieten, wie die Astronomen berichten.

„Wir sehen in diesen Stellen daher die wahrscheinlichste Quelle für das verdunstende Wasser an“, so Küppers und seine Kollegen. Vermutlich seien diese dunklen Stellen etwas wärmer als der Rest der Oberfläche, deshalb könne dort Wasserdampf effizient aus kleinen Wassereis-Reservoiren sublimieren. Wie die Beobachtungen zeigten, gibt es offenbar mehrere solcher Wasserdampf-Quellen auf dem Kleinplaneten. Nach Angaben der Forscher verliert Ceres durch diese Ausgasung insgesamt rund sechs Kilogramm Wasser pro Sekunde.

Verdampfendes Eis oder Cryovulkanismus?

Woher dieses Wasser kommt, ob von der Oberfläche des Ceres oder aus einer unter Kruste liegenden Schicht, ist bisher noch unklar. „Theoretisch gäbe es zwei Mechanismen für die Wasserdampf-Produktion auf Ceres“, erklären die Astronomen: Der erste ist eine Kometen-ähnliche Sublimation von Oberflächeneis. Das durch die Sonnenwärme ausgasende Wassereis reißt dabei Staubpartikel mit sich und legt so immer wieder frische Eisschichten frei, die dann ihrerseits verdampfen. Träfe dieses Szenario zu, dann müsste sich die Wasserdampf-Produktion auf Ceres immer dann verstärken, wenn der Kleinplanet auf seiner leicht elliptischen Bahn der Sonne besonders nahe kommt.

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Im zweiten Szenario könnte der Wasserdampf durch Geysire oder Cryovulkanismus entstehen – ähnlich wie beispielsweise auf dem Saturnmond Enceladus oder dem Jupitermond Io. Bei diesen sorgen die starken Gezeitenkräfte ihres Planeten dafür, dass sich eine unter der Kruste liegende Wassereisschicht erhitzt und als Dampf durch Schlote und Spalten austritt. „Dieser Effekt kann aber für Ceres ausgeschlossen werden“, so Küppers und seine Kollegen. Die für den Cryovulkanismus nötige innere Wärme könnte der Kleinplanet daher höchstens aus dem Zerfall radioaktiver Elemente in seinem Inneren erhalten, doch dafür gibt es bisher keine Belege. Sollte dieser Mechanismus aber dennoch zutreffen, dann müsste der Wasserdampf-Ausstoß von Ceres unabhängig von seiner Bahnposition und Entfernung zur Sonne sein.

„Die bisherigen Beobachtungsdaten scheinen eher für die Kometen-Hypothese zu sprechen“, berichten die Forscher. Aber es seien noch mehr Beobachtungen nötig, um eines der beiden Szenarien zu bestätigen. Eine Chance dazu werden die Astronomen spätestens im Frühjahr 2015 erhalten. Denn dann wird die Raumsonde Dawn Ceres erreichen. Sie kann dann direkt aus der Umlaufbahn um den Kleinplaneten untersuchen, woher der Wasserdampf kommt. (Nature, 2014; doi10.1038/nature12918)

(Nature, 23.01.2014 – NPO)

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