Die Ozeane düngen, Wüstengebiete aufforsten, die Sonnenstrahlung in der Atmosphäre ablenken. Das sind mögliche Zukunftsprojekte, die die Erderwärmung stoppen sollen. Doch solange die Kohlendioxid-Emissionen nicht abnehmen können auch diese Geo-Engineering-Projekte den Klimawandel nicht stoppen, so berichten deutsche Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Nature Communications“.
Trotz aller Klimaschutzabkommen und politischer Absichtserklärungen gehen die globalen Treibhausgasemissionen nicht zurück. Im Gegenteil: Sie steigen an und mit ihnen die Erderwärmung. Die Weltbevölkerung wächst stetig an und Schwellenländer wie beispielsweise Indien und China erfahren einen deutlichen Industrialisierungsschub. Eine baldige Trendumkehr ist daher unwahrscheinlich. Deshalb diskutieren Fachleute in letzter Zeit vermehrt darüber, mit welchen großtechnischen Eingriffen ins Erdsystem sie den Temperaturanstieg künstlich bremsen könnten.
Nebenwirkungen größtenteils unbekannt
Die Ozeane zu düngen, damit zusätzliches Plankton entsteht, das dann Kohlendioxid aus der Luft binden kann, ist einer der Vorschläge. Andere Ideen setzen in der Atmosphäre an, wo mit Aerosolen oder Spiegeln die Sonneneinstrahlung reduziert werden soll. Alle diese Maßnahmen werden unter dem Oberbegriff „Climate Engineering“ oder „Geo-Engineering“ zusammengefasst. „Allerdings sind Langzeit- und Nebenwirkungen dieser Technologien bisher nicht ausreichend untersucht“, betont David Keller vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Zusammen mit Kollegen hat der Spezialist für Computer-Simulationen des Erdsystems die Auswirkungen mehrerer Geo-Engineering Maßnahmen nun verglichen.
„Das Problem bei bisherigen Studien war, dass meist nur einzelne Techniken mit unterschiedlichen Modellen und verschiedenen Grundannahmen untersucht wurden. Dabei gab es zwar Hinweise auf einzelne Nebenwirkungen, aber verschiedene Studien berücksichtigten verschiedene Teilaspekte des Erdsystems und waren damit schwer vergleichbar“, schildert Keller das Problem und ergänzt: „Wir wollten ganz verschiedene Climate Engineering-Maßnahmen mit den gleichen Grundannahmen in einem kompletten Erdsystemmodell simulieren“.
Wenig Nutzen oder sogar Schaden
Für ihre Studie wählten die Forscher fünf Maßnahmen, die zu den Klassikern in der Diskussion gehören: Die Abschirmung von Sonnenstrahlung in der Atmosphäre, die Aufforstung großer Wüstengebiete in Nordafrika und Australien sowie drei verschiedene Techniken, mit denen Kohlendioxid im Ozean gebunden werden soll. Parallel ließen die Wissenschaftler ihr Erdsystemmodell ohne klimaregulierende Maßnahmen auf Grundlage aktueller Prognosen des UN-Klimarats laufen.
Selbst unter idealen Voraussetzungen zeigten die einzelnen Maßnahmen in den Modellen nur wenig Nutzen. Lediglich die Abschwächung der Sonnenstrahlung in der Atmosphäre konnte die Temperaturen auf der Erde langfristig und deutlich senken. Die Aufforstung der Sahara und des australischen Outbacks führte hingegen sogar dazu, dass sich die Erde weiter erwärmte. „Die Wälder absorbierten zwar Kohlendioxid aus der Atmosphäre, dafür wurde die Erdoberfläche aber dunkler und konnte mehr Wärme speichern“, erklärt Keller dieses Phänomen.
Auch bei den anderen Techniken beobachteten die Wissenschaftler entscheidende Nebenwirkungen. Sie stellten zwar fest, dass durch die Düngung der Ozeane mehr Kohlendioxid durch das Plankton gebunden würde, jedoch beobachteten sie in ihren Simulationen auch einen Einfluss auf den Sauerstoffgehalt. Bereiche in denen nicht genügend Sauerstoff vorhanden ist, sogenannte Sauerstoff-Minimum-Zonen, würden sich ausbreiten, so berichten die Forscher.
Fatale Folgen hinterher
Die Forscher beschäftigte zudem eine weitere Frage: Was passiert, wenn die eingesetzten Technologien aus politischen oder technischen Gründen abgeschaltet oder wieder rückgängig gemacht werden? „Bei fast allen sahen wir eine rasante Angleichung an die Klimaentwicklung ohne Climate Engineering“, beschreibt Keller die Beobachtungen. Wenn beispielsweise die Sonnenstrahlung nach 50 Jahren plötzlich nicht mehr abgeschwächt werden würde, erwärmte sich die Erde innerhalb weniger Jahrzehnte oder gar Jahre um mehrere Grad. „Die Entwicklung wäre viel schneller als der aktuelle Klimawandel, mit möglicherweise noch katastrophaleren Folgen“, sagt Keller.
In Zukunft wollen die Wissenschaftler ihre Studien ausweiten. „Neben den naturwissenschaftlichen Untersuchungen wollen wir auch potenzielle gesellschaftliche, politische, juristische und ethische Aspekte der vorgeschlagenen Climate-Engineering Methoden genauer unter die Lupe nehmen.“, schildert Co-Autor Andreas Oschlies das geplante Vorgehen. Er betont zudem, wie wichtig es ist, die Folgen des Climate Engineering genau unter die Lupe zu nehmen bevor wichtige Entscheidungen für die Zukunft getroffen werden.
„Denn eines zeigt die Studie deutlich: Immer würde es neben möglichen Gewinnern auch viele Verlierer geben, wobei einige Nebenwirkungen erst zukünftige Generationen träfen“, so der Forscher. „Eine Entscheidung für oder gegen Climate Engineering muss sehr gut überlegt und legitimiert sein und bedarf einer viel breiteren Faktengrundlage als wir sie heute haben.“ (Nature Communications, 2014; doi: 10.1038/ncomms4304)
(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 26.02.2014 – KEL)