Archäologie

Beringstraße: Landbrücke als Siedlungsgebiet?

Die Vorfahren der Indianer könnten zehntausend Jahre lang auf der Landbrücke verweilt haben

Die Beringstraße vor 28.000 bis 18.000 Jahren: ein weites Land © Wlliam Manley/ University of Colorado

Die Landbrücke der Beringstraße war kein reines Durchzugsgebiet – für die Vorfahren der Indianer war sie zehntausend Jahre lang Heimat und Oase zugleich. Denn die eiszeitliche Landbrücke war offenbar damals viel weniger karg als bisher gedacht, wie Sedimentproben zeigen. Der lange Aufenthalt auf der Landbrücke könnte auch eine bisher rätselhafte Zeitlücke in Genanalysen erklären, wie US-Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.

Sie kamen über die Landbrücke: Die Vorfahren der amerikanischen Ureinwohner wanderten über die Bering-Straße aus Asien nach Nordamerika ein – so viel ist schon länger bekannt. Während der letzten Eiszeit bedeckten gewaltige Gletscher weite Teile der Nordhalbkugel, doch Beringia, umspült vom Ozean, blieb vermutlich weitgehend eisfrei. Etwa 1.600 Kilometer breit und fast 5.000 Kilometer lang bildete die Landbrücke ein ausgedehntes Gebiet. „Lange Zeit dachten viele von uns, die Landbrücke sei damals nur eine einheitliche, baumlose Tundra und Steppe gewesen“, sagt Dennis O’Rourke von der University of Utah. Folglich galt sie nur als Durchzugsgebiet, in dem sich die eiszeitlichen Einwanderer nur kurz aufhielten.

Bäume und Sträucher statt karger Tundra

Doch diese Sicht widerlegen die Forscher nun anhand gleich mehrerer Indizien. So zeigen Sedimentbohrkerne aus der Beringsee und von der Küste Alaskas, dass das heute versunkene Land Beringia weitaus weniger karg war als bisher angenommen. Die Wissenschaftler fanden Pollen von Sträuchern und Bäumen, darunter Birken und Weiden, und auch die Überreste von Insekten, die darauf hindeuten, dass hier ein vergleichsweise mildes Klima herrschte. „Die holzigen Sträucher auf der Landbrücke könnten es den Menschen zudem erleichtert haben, Feuer zu machen um sich zu wärmen „, sagt Erstautor John Hoffecker von der University of Colorado in Boulder.

Die Beringstraße heute: der höhere Meeresspiegel hat Beringia versinken lassen. © NASA

Und noch einen Hinweis gibt es: DNA-Analysen deuten darauf hin, dass sich die Vorfahren der heutigen Ureinwohner Amerikas bereits vor 25.000 Jahren von ihre asiatischen Vorfahren abspalteten. „Das aber konnte nur geschehen, wenn die Population der Indianervorfahren längere Zeit isoliert war“, erklärt O’Rourke. In Sibirien aber gebe es keine Region, für die dies wahrscheinlich wäre, und in Nordamerika finden sich die ersten Spuren der Einwanderer erst vor 15.000 Jahren. Wo aber waren sie in den 10.000 Jahren dazwischen?

10.000 Jahre Pause auf der Landbrücke

Nach Ansicht der Forscher lautet die Antwort: Beringia. Ihrer Ansicht nach deutet alles darauf hin, dass die aus Asien einwandernden Menschengruppen nicht direkt nach Nordamerika durchzogen, sondern für rund zehntausend Jahre auf der Landbrücke verweilten. Hier fanden sie Feuer- und Bauholz, Herden von Bisons, Mammuts und anderen jagdbaren Tieren und Früchte von Büschen und Bäumen, so dass sie die karge Eiszeit gut überstehen konnten. Erst als die Gletscher am Ende der Eiszeit allmählich die Küsten Nordamerikas freigaben, und der steigende Meeresspiegel ihr Refugium begann zu überfluten, zogen sie weiter nach Osten.

Diese Idee einer längeren Besiedelung dieser Landbrücke gibt es schon länger, sie wurde aber bisher kaum beachtet. Jetzt liefern die Forscher dieser Theorie des „Beringia“-Stillstands“ neue Argumente. Ob auf der eiszeitlichen Landbrücke tatsächlich einst Menschen siedelten, lässt sich allerdings heute nur noch schwer belegen: Beringia ist heute vom Nordpazifik überflutet. „Einige Spuren menschlicher Besiedelung könnten aber in den flachen Küstenbereichen Alaskas und des östlichen Sibirien noch zu finden sein“, hofft O’Rourke. (Science, 2014; doi: 10.1126/science.1250768)

(Science / University of Utah, 28.02.2014 – NPO)

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