Im Kino ist 3D die angesagte neue Technologie – bei Halbleiterkristallen läuft der Trend umgekehrt: Zweidimensionale Kristalle haben hervorragende Eigenschaften und eignen sich bestens für winzige Bauteile. Eine Gruppe von Wissenschaftlern beschreibt nun in der Fachzeitschrift „Nature Nanotechnology“ eine Leuchtdiode aus solchen Materialien. Die neuartige Diode verbraucht demnach tausendmal weniger Strom als existierende Modelle und soll den Weg für andere Bauteile ähnlicher Art ebnen.
Halbleiterkristalle sind die Grundlage für viele elektronische Bauteile. Besonders intensiv befassen sich Materialwissenschaftler mit Miniaturformaten solcher Kristalle. Bei zweidimensionalen Kristallen ist nur noch eine einzelne Schicht von Atomen übrig. Eine solche Schicht ist etwa 80.000-mal dünner als ein menschliches Haar. Daraus ergeben sich vielversprechende Eigenschaften: Die superflachen Kristalle verhalten sich wie Halbleiter, sind aber transparent, extrem leicht und flexibel. Das Kohlenstoffgerüst Graphen ist das derzeit vielleicht prominenteste Beispiel für ein solches Material. 2D-Kristalle lassen sich aber auch aus anderen Elementen herstellen.
Im Team von Jason Ross an der University of Washington in Seattle arbeitet Philip Klement von der Justus-Liebig-Universität Gießen an Leuchtdioden, die aus 2D-Kristallen gefertigt sind. Klement vergleicht die Kristalle mit Papier: Während „normale“ Kristalle aus einem ganzen Stapel bestehen, stellt ein 2D-Kristall lediglich ein einzelnes Blatt Papier dar. Für ihre neuartigen Leuchtdioden stellten die Forscher einen neuen Stapel zusammen: Auf einer besonders glatten Unterlage legten sie einzelne Schichten zweidimensionaler Kristalle aus den Materialien Bornitrid und Wolframselenid übereinander.
Tausendfach geringerer Stromverbrauch
Legten die Wissenschaftler eine elektrische Spannung an diese Struktur, so begann diese zu leuchten. Und das offenbar mit beachtlichem Erfolg: Die neue Diode leuchtet außergewöhnlich hell, bei etwa einem Tausendstel des Stromverbrauchs gegenüber vergleichbaren Leuchtdioden. Außerdem ist das Lichtspektrum etwa zehn Mal schmaler, die Diode sendet also nur einen scharf abgegrenzten Wellenlängenbereich aus. Umgangssprachlich handelt es sich also um Licht einer einzigen, klar definierten Farbe, was für viele optische Anwendungen besonders wichtig ist.
Mit ihrem erfolgreichen Experiment zeigen die Physiker zum ersten Mal, dass eine solche aus 2D-Kristallen konstruierte Leuchtdiode möglich ist. In Zukunft, so die Forscher, sollen so jedoch nicht nur Leuchtdioden hergestellt werden können. Mit derselben Technik könnten auch andere neue elektronische Bauteile wie Photodetektoren und Solarzellen entstehen.
Das ist alles andere als Zukunftsmusik: Ebenfalls aus zweidimensionalem Wolframselenid besteht eine Solarzelle, die Physiker der Technischen Universität ebenfalls in „Nature Nanotechnology“ präsentierten. Der Wirkungsgrad dieser Solazelle ist deutlich höher als der von herkömmlichen Zellen. Gleichzeitig ist sie so dünn und transparent, dass man sie sogar auf Glasfassaden aufbringen könnte – die Räume dahinter bekämen immer noch ausreichend Licht.
(Justus-Liebig-Universität Gießen, 11.03.2014 – AKR)