Zuwachs bei den Ringträgern: Astronomen haben erstmals einen Asteroiden mit eigenem Ringsystem entdeckt. Der nur 250 Kilometer große Brocken kreist zwischen Saturn und Uranus und ist von gleich zwei feinen Ringen aus Eis und Staub umgeben. Woher der Asteroid „Chariklo“ seine beiden feinen Ringe hat, ist unklar, sie könnten aber durch eine Kollision entstanden sein, mutmaßen die Forscher im Fachmagazin „Nature“.
Bisher kannte man Ringe im Sonnensystem nur um die vier großen Gasplaneten Jupiter, Saturn, Neptun und Uranus. Kleinere Planeten oder gar Asteroiden schienen keine ausreichend große Schwerkraft zu besitzen, um solche Gürtel dauerhaft zu halten. Doch der Asteroid (10199) Chariklo belehrt die Astronomen nun eines Besseren. Er gehört zu den sogenannten Zentauren, einer Gruppe von kleineren Brocken, die im Bereich der großen Gasplaneten kreisen. Der dunkle, rund 250 Kilometer große Asteroid kreist in einer exzentrischen Bahn rund 15,8 Astronomische Einheiten von der Sonne entfernt.
Schon vor einiger Zeit hatten Berechnungen ergeben, dass Chariklo am 3. Juni 2013 vor einem entfernten Stern vorüberziehen würde. Solche Sternbedeckungen sind für Astronomen eine wertvolle Chance, mehr über den verdunkelnden Himmelskörper zu erfahren. Denn aus Art und Ausmaß, in dem dieser das Licht des Sterns schluckt, lässt sich auf seine Größe schließen, aber auch auf das Vorhandensein von Atmosphären oder kleineren Begleitern.
Unerwarteter Fund bei Sternbedeckung
Deshalb beobachteten Astronomenteams dieses Ereignis mit insgesamt sieben Teleskopen, darunter auch das TRAPPIST-Teleskop am La-Silla-Observatorium der europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile. Die Astronomen fanden jedoch viel mehr als sie sich erhofft hatten: Einige Sekunden vor und noch einmal einige Sekunden nach der Hauptbedeckung gab es zwei weitere sehr kurze Abstufungen in der scheinbaren Helligkeit des Sterns. Irgendetwas um Chariklo herum hatte das Licht offenbar abgedunkelt.
Weitere Analysen ergaben dann das erstaunliche Ergebnis: Chariklo besitzt zwei Ringe. „Wir haben nicht nach einem Ring gesucht und haben nicht einmal gedacht, dass so kleine Himmelskörper wie Chariklo welche besitzen könnten“, erklärt Erstautor Felipe Braga-Ribas vom Observatório Nacional/MCTI in Rio de Janeiro. „Somit war die Entdeckung der Ringe und die verblüffende Menge an Details, die wir im Ringsystem sehen – eine vollkommene Überraschung.“ Chariklo ist damit das bei weitem kleinste Objekt mit Ringen, das bisher gefunden wurde und erst der fünfte Ringträger in unserem Sonnensystem.
Zwei getrennte Ringe
Die Analysen der Beobachtungsdaten ergaben, dass der Asteroid ein Ringsystem aus zwei scharf abgegrenzten Ringen von sieben und drei Kilometern Breite besitzt. Zwischen beiden liegt eine Lücke von neun Kilometern. „Es hat mich sehr erstaunt zu sehen, dass wir nicht nur in der Lage sind ein Ringsystem zu detektieren, sondern sogar genau bestimmen können, dass es aus zwei deutlich voneinander getrennten Ringen besteht“, sagt Teammitglied Uffe Gråe Jørgensen vom Niels-Bohr-Institut der Universität Kopenhagen in Dänemark.
„Ich versuche mir vorzustellen, wie es wäre auf der Oberfläche dieses vereisten Objekts zu stehen – klein genug, dass ein schneller Sportwagen die Fluchtgeschwindigkeit erreichen könnte, um in den Weltraum hinauszufahren – und auf ein 20 Kilometer breites Ringsystem zu blicken, dass 1.000 Mal näher ist als der Mond“, so der Astronom weiter.
Asteroid könnte auch Monde besitzen
Obwohl viele Fragen unbeantwortet bleiben, glauben die Astronomen, dass diese Art von Ring wahrscheinlich aus den zurückbleibenden Trümmern einer Kollision entsteht, die wohl durch kleine Monde in zwei enge Ringe eingeschlossen worden sind. „Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass Chariklo nicht nur die Ringe sondern auch mindestens einen kleinen Mond besitzt, der auf seine Entdeckung wartet“, fügt Braga-Ribas hinzu.
Theoretisch könnte sich in ferner Zukunft auch aus den Ringen einmal ein kleiner Mond bilden, denn auf ähnliche Weise soll einst auch unser eigener Trabant entstanden sein. Die Hauptverantwortlichen des Projektes gaben den Ringen um Chariklo provisorisch die Spitznamen Oiapoque und Chuí. Dabei handelt es sich um zwei Flüsse nahe der nördlichen und südlichen Spitze Brasiliens. Die offiziellen Namen werden später von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) nach vorgegebenen Regeln vergeben. (Nature, 2014; doi:10.1038/nature13155)
(Nature, 27.03.2014 – NPO)