Harmloser Umschlag oder Bombe? Einfacher Brief oder Drogensendung? Ein von Deutschen Wissenschaftlern entwickelter Scanner erkennt mit Hilfe von Terahertz-Wellen verborgene Sprengstoffe und Rauschgifte in Briefen, ohne dass die Post geöffnet werden muss. Das Gerät ist eines der ersten, in denen Terahertz-Technologie zur Marktreife gelangt.
Vor einem Jahr sorgte ein verdächtiger Brief für Aufregung im Schloss Bellevue. Für den Fall, dass der an den Bundespräsidenten adressierte Umschlag eine Bombe enthalten könne, sprengten Experten sicherheitshalber den Brief. Erst nachträglich ergaben genauere Untersuchungen: Falscher Alarm, die Post enthielt wohl doch keinen Sprengstoff. Leicht hätte dieses Szenario jedoch auch ungünstiger verlaufen können – bislang ist es noch recht aufwändig, Briefe sicher und zuverlässig auf gefährliche Inhaltsstoffe zu untersuchen.
Alternative zur Röntgenstrahlung
Abhilfe könnte ein neuer Terahertz-Scanner schaffen, den Forscher des Fraunhofer-Instituts für Physikalische Messtechnik (IPM) in Kaiserslautern entwickelt haben. Deren System „T-COGNITION“ kann verborgene Inhalte in Briefen entdecken, ohne dass die Post geöffnet werden muss.
Terahertz-Wellen dienen in manchen Anwendungen mittlerweile als Alternative zur Röntgenstrahlung: So sollen damit etwa verbesserte Kameras für Sicherheitskontrollen an Flughäfen und medizinische Diagnosegeräte möglich sein. Auch bei der Untersuchung alter Kunstwerke waren bereits Terahertz-Scanner im Einsatz. Aber wie funktioniert diese Technik?
Charakteristische Spektren verraten Gefahrstoffe
„Im elektromagnetischen Spektrum liegt der Terahertz-Bereich zwischen Mikrowellen und Infrarot. Er vereint die Vorteile von beiden“, erläutert René Beigang vom IPM. Die energiearmen Wellen können ähnlich wie Mikrowellen Papier, Holz, leichte Bekleidung, Kunststoff und Keramik problemlos durchdringen. Je nachdem, auf welche Stoffe sie dabei treffen, erzeugen die Terahertz-Wellen dabei charakteristische Spektren. Mithilfe intelligenter Software lassen sich diese schnell analysieren und identifizieren. Ein weiterer wichtiger Vorteil: Terahertz-Wellen sind nicht ionisierend und für den Menschen ungefährlich – im Gegensatz zur Röntgenstrahlung.
Diese Eigenschaften machen die Wellen für den Einsatz in Postscannern interessant. Durch eine Klappe wird ein Brief in das Gerät eingelegt und dann von Terahertz-Wellen durchleuchtet. Detektoren fangen die transmittierten Wellen auf und analysieren, wie stark sie absorbiert wurden und welche Spektren sie übermitteln. „Innerhalb weniger Sekunden erfasst das Gerät den spektroskopischen Fingerabdruck des Gefahrenstoffs und kann ihn durch den Abgleich mit einer Datenbank sicher identifizieren“, erläutert Thorsten Sprenger von der Firma Hübner, die an der Entwicklung des Geräts beteiligt war.
Industriereife Terahertz-Technologie für Sicherheitsbehörden
Enthält ein Brief Sprengstoffe oder Drogen, schlägt das System Alarm. Das Gerät ist in der Lage, den Inhalt von Postsendungen bis zum Format C4 und mit maximal zwei Zentimetern Dicke zu prüfen. „Es ist für Poststellen von Justizvollzugsanstalten, Zoll, Behörden, Firmen und Botschaften sehr interessant“, sagt Sprenger. „Es hilft, die Sicherheit zu erhöhen sowie Menschenleben zu schützen“.
Die Terahertz-Technologie ist allerdings noch recht jung. Bislang gibt es nur wenige Anwendungen. Das wollen die Forscher am IPM nun ändern: „Unser Ziel ist es, die Terahertz-Technologie auch für den Sicherheitsbereich industriereif zu machen“, betont Beigang. Der Postscanner „T-COGNITION“ ist mittlerweile auf dem Markt. In einem Informationsvideo stellen IPM und die Firma Hübner das Gerät vor.
(Fraunhofer Gesellschaft, 23.05.2014 – AKR)