Physik

Teilchen aus sechs Quarks bestätigt

Experiment im COSY-Beschleuniger weist erneut exotischen Zwischenzustand nach

Neuzugang im Teilchenzoo: Das neue Teilchen besteht aus gleich sechs Quarks. © FZ Jülich/SeitenPlan/ CC BY 4.0

Und es existiert doch: Physiker haben ein exotisches Teilchen nachgewiesen, das aus gleich sechs Quarks besteht. Alle bisher bekannten Materiebausteine besitzen maximal drei dieser Elementarteilchen. Nach ersten Hinweisen im Jahr 2011 hat nun jedoch auch ein zweites Experiment den exotischen sechs-Quark- Zustand detektiert und bestätigt. Dies öffnet ein neues Feld der Teilchenphysik, so die Forscher im Fachmagazin „Physical Review Letters“.

Lange Zeit konnten Physiker nur zwei verschiedene Klassen von Hadronen sicher nachweisen: flüchtige Mesonen, die aus einem Quark und einem Antiquark bestehen und Baryonen, die sich aus drei Quarks zusammensetzen. Zu letzteren gehören unter anderem die Protonen und Neutronen, aus denen die Atomkerne aufgebaut sind. In den letzten Jahren gab es jedoch vermehrt Hinweise, dass daneben noch weitere Arten von Hadronen existieren, beispielsweise „Hybride“, „Gluebälle“ oder „Multiquarks“.

Der Physiker Freeman Dyson hatte bereits 1964 erstmals solche komplexen Zustände vorhergesagt. Doch ein sicherer Nachweis blieb lange aus, kaum eine Messung ließ sich reproduzieren. Erst in der letzten Zeit hatten andere Forschergruppen unabhängig voneinander starke Indizien für schnelllebige exotische Teilchen aus vier Quarks – sogenannten Tetraquarks – gefunden.

Blick in den WASA-Detektor: Erst die Kombination aus COSY-Beschleuniger und diesem Detektor, der 2005/2006 aus dem schwedischen Uppsala nach Jülich verlegt worden war, ermöglichte die Messungen. © FZ Jülich

Erster Hinweis auf Sechs-Quark-Teilchen

Im Jahr 2011 hatten Experimente am COSY-Beschleuniger des Forschungszentrums Jülich erste Hinweise darauf entdeckt, dass es auch Teilchen aus sechs Quarks geben könnte. Diese „Dibaryons“ sind extrem kurzlebig und lassen sich nur über ihre Zerfallsprodukte nachweisen. Der schnell vergängliche Zwischenzustand – Fachbegriff: Resonanz – existiert gerade einmal für die Dauer einer Hunderttrilliardstel (10 hoch -23) Sekunde.

„Die Messungen, die wir 2011 an COSY durchgeführt haben, waren bereits sehr präzise. Doch weil die Experimente an keinem anderen Beschleuniger der Welt wiederholt werden konnten, mussten wir uns einen anderen Versuch einfallen lassen, um die Ergebnisse zu bestätigen“, erläutert Hans Ströher, Direktor am Jülicher Institut für Kernphysik.

Neues Experiment bestätigt früheren Fund

Für das neue Experiment beschossen die Forscher ein Protonen-Target mit polarisierten Kernen des schweren Wasserstoffs, Deuteronen genannt. Das ganze fand mit der Energie von rund 2.380 Megaeletronenvolt statt – und damit in dem Energiebereich, in dem schon im Vorgänger-Experiment die Resonanz aufgetreten war. Wenn dieser exotische Zustand aus sechs Quarks auftritt, dann beeinflusst dies den Winkel, in dem die kollidierenden TeiIchen auseinander fliegen – und dies kann detektiert werden.

COSY-Beschleuniger am Forschungszentrum Jülich, in ihm wurde das Hexaquark d*(2380) nachgewiesen © FZ Jülich

Wie sich zeigte, deuten die Ergebnisse auch dieses Experiments auf die kurzzeitige Präsenz des exotischen, d*(2380) getauften Teilchens hin. „Die neuartige Resonanz, die wir beobachtet haben, zeigt, dass Quarks im Sechserpack tatsächlich existieren“, sagt Heinz Clement von der Universität Tübingen. Offen ist die Frage, ob alle sechs Quarks zusammen ein gemeinsames Teilchen oder ein „hadronisches Molekül“ bilden. Eine solche Struktur wäre ähnlich wie viele Atomkerne aus mehreren Kernbausteinen aufgebaut.

Nach Ansicht der Physiker öffnet der Nachweis dieses exotischen Teilchens möglicherweise ein Tor zu neuen physikalischen Phänomenen. „Die Ergebnisse ordnen sich in ein größeres Bild ein. Wenn dieses Teilchen existiert, dann sind theoretisch auch eine ganze Reihe anderer exotischer Zustände zu erwarten“, erklärt James Ritman vom Forschungszentrum Jülich. (Physical Review Letters, 2014; doi: 10.1103/PhysRevLett.112.202301)

(Forschungszentrum Jülich, 26.05.2014 – NPO)

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