Genetik

Nur ein Genbuchstabe macht uns blond

Forscher entschlüsseln den Mechanismus, der der blonden Haarfarbe zugrunde liegt

Blondes Haar ist weltweit gesehen eher die Ausnahme. © freeimages

Forscher haben erstmals herausgefunden, was unsere Haare blond macht. Ist im Erbgut eine einzige DNA-Base durch eine andere ersetzt, senkt dies die Aktivität eines weit entfernten Gens. Doch diese leichte Abnahme reicht schon aus, um die Haare deutlich heller zu färben, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Genetics“ berichten.

Natürlich blondes Haar ist beim Menschen selten: Es kommt fast nur bei Nord- und Mitteleuropäern vor. Unsere aus Afrika stammenden Vorfahren jedoch waren mit Sicherheit dunkelhaarig und eher dunkelhäutig. Die helle Haarfarbe muss sich daher nach der Besiedelung Europas ausgebildet und im Norden verbreitet haben. Was ihr zugrunde liegt, war aber bisher nur in Teilen klar. DNA-Vergleiche hatten bereits gezeigt, dass blonde Menschen häufig eine bestimmte Punktmutation im Erbgut tragen: ein Genbuchstabe ist in ihrem Genom verändert.

Kleine Änderung – große Wirkung

Catherine Guenther vom Stamford Medical Center und ihre Kollegen haben nun in Experimenten mit Mäusen nachgewiesen, dass dieser eine ausgetauschte Buchstabe tatsächlich die Basis für das blonde Haar bildet – und auch wie genau dies passiert. Wird an einer einzigen Stelle im Genom eine Adenin-Base durch eine Guanin-Base ersetzt, löst dies eine Kettenreaktion aus, die auf ein 350.000 Basenpaare entferntes Gen wirkt.

Als Folge wird dieses KITLG-Gen in den Haarfollikeln um rund 20 Prozent weniger oft abgelesen, die Menge des dadurch produzierten Proteins sinkt leicht. Das erscheint nicht viel, diese geringe Abnahme reicht aber offensichtlich schon aus, um die Haarfarbe deutlich zu verändern: Die Mäuse mit dieser Mutation bekamen helles statt braunes Haar. Das gleiche geschieht auch beim Menschen, wie die Forscher erklären.

Doppelt überraschend

Überraschend daran sind gleich zwei Dinge, wie die Forscher erklären. Zum einen kodiert das KITLG- Gen gleichzeitig einen wichtigen Signalstoff für die Teilung der Stammzellen im menschlichen Körper. „Wir haben festgestellt, dass eines der entscheidenden Signalmoleküle in der Säugetierentwicklung auch die Haarfarbe beeinflusst“, berichtet Seniorautor David Kingsley. Die Punktmutation beeinflusst interessanterweise aber nur die KITLG-Gene in den Haarfollikeln, nicht anderswo im Körper.

Zum anderen aber ist überraschend, dass schon eine kleine Verringerung der Genexpression ausreicht, um einen so sichtbaren Effekt zu erzielen. „Weil diese Mutation die KITLG-Expression nur um 20 Prozent verändert, hätten wir vorher nie geglaubt, dass es einen solchen Effekt auf die Haarfarbe hat“, sagt Kingsley. „Aber unsere Experimente belegen deutlich, dass schon dieser kleine Unterschied ausreicht.“

Nach Ansicht der Forscher könnte solche scheinbar kleinen Einflüsse auf die Genregulation dieses Signalstoff-Gens auch andere Merkmale beeinflussen und verändern. „Einen so essenziellen Wachstumsfaktor rauf- oder runterzuregulieren könnte ein gängiger Mechanismus sein“, so Kingsley. Im Falle des blonden Haares wirkt die Mutation nur auf die Follikel. Andere Punktmutationen könnten die Genregulation in andern Geweben beeinflussen. (Nature Genetics, 2014; doi: 10.1038/ng.2991)

(Stanford University Medical Center, 02.06.2014 – NPO)

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