Inferno der Urzeit: Katastrophale Ausbrüche in Australien könnten vor 510 Millionen Jahren das erste große Massenaussterben unter Mehrzellern verursacht haben. Hinweise dafür haben Geologen jetzt in der Kalkarindji-Vulkanprovinz entdeckt, einem Gebiet, in dem eine dicke Lavaschicht zwei Millionen Quadratkilometer Fläche bedeckt. Sowohl Alter als auch chemische Zusammensetzung der Lava sprechen dafür, dass die Eruption dramatische Klimaveränderungen auslöste, denen die Hälfte aller frühen Organismen zum Opfer fielen, so die Forscher im Fachmagazin „Geology“.
Das Kambrium war eine entscheidende Zeit für die Evolution des Lebens. Denn in dieser Zeit vor rund 550 bis 500 Millionen Jahren begannen die mehrzelligen Organismen ihren Siegeszug und die Vorfahren der meisten großen Tiergruppen entstanden. Aber das Kambrium war auch die Zeit der Massenaussterben: Immerhin vier Mal erlitt die Tier- und Pflanzenwelt herbe Rückschläge. Das erste große Massenaussterben unter Mehrzellern ereignete sich vor rund 510 Millionen Jahren. Damals starben immerhin rund die Hälfte aller Arten aus.
Suche im Nordwesten Australiens
„Es ist gut dokumentiert, dass dieses Massensterben mit Klimaveränderungen und einer Sauerstoffarmut in den Ozeanen einherging“, erklärt Fred Jourdan von der Curtin University im australischen Bentley. „Aber die Ursache für diese Veränderungen war bisher unbekannt.“ Jourdan und seine Kollegen haben nun Indizien dafür aufgedeckt, dass ein katastrophaler Vulkanausbruch in Australien der Auslöser für das Massenaussterben gewesen sein könnte.
Für ihre Studie analysierten die Forscher urzeitliche Lava in der sogenannte Kalkarindji-Vulkanprovinz im Nordwesten Australiens. Hier überdeckte einst eine ganze Eruptionsserie ein Gebiet von fast zwei Millionen Quadratkilometern im Northern Territory und in Westaustralien mit einer dicken Lavaschicht – ähnlich den großen Flutbasalten des Dekkan Trapp in Indien und des Sibirischen Trapp in Russland. Für diese vulkanischen Großereignisse ist schon länger bekannt, dass sie große Mengen vulkanischer Gase ausstießen und dadurch das Klima über lange Zeiträume hinweg in eine wahre Achterbahn katapultierten.
Klimaveränderungen durch Schwefel und Methan
„Schon als der vergleichsweise viel kleinere Vulkan Pinatubo im Jahr 1991 auf den Philippinen ausbrach, ließ der Schwefelausstoß die globalen Temperaturen für einige Jahre um ein paar Zehntelgrad absinken“, erklärt Jourdan. Die Eruption einer ganzen vulkanischen Provinz wie in Kalkarindji hätte entsprechend stärkere Folgen. Typischerweise folgt dabei auf einen Jahre andauernden vulkanischen Winter eine Phase starker Klimaerwärmung, angeregt durch die ebenfalls beim Ausbruch ausgestoßenen Treibhausgase.
Ob und wie viele vulkanische Gase auch beim Ausbruch der Kalkarindji-Provinz ausgestoßen wurden, ermittelten die Forscher anhand der chemischen Zusammensetzung der urzeitlichen Lava. Ihr Fazit: „Ausbrüche und phreatomagmatische Explosionen trugen damals dazu bei, große Mengen Schwefeldioxid bis in die Stratosphäre zu schleudern“, so Jourdan und seine Kollegen. In dieser oberen Schicht der Atmosphäre ist die Klimawirkung der Schwefel-Schwebteilchen besonders groß. Auch das potente Treibhausgas Methan wurde in großen Mengen freigesetzt.
Zeitliche Übereinstimmung
Um herauszufinden, ob diese Eruptionen auch zeitlich das Massenaussterben vor 510 Millionen Jahren verursacht haben können, führten die Forscher die bisher genaueste Altersbestimmung der Lavareste mit Hilfe der Uran-Blei- und der Argon-Isotopen-Datierung durch. Das Ergebnis: Die Vulkanprovinz spie ihre gewaltigen Lavamassen im gleichen Zeitraum, in dem auch das Massenaussterben stattfand. „Beide Ereignisse sind zeitlich nicht voneinander zu trennen“, so die Forscher.
Nach Ansicht der Wissenschaftler bestätigt das ihre Annahme, dass der Ausbruch der Kalkarindji-Vulkanprovinz stark genug war und zur richtigen Zeit stattfand, um das Massenaussterben vor 510 Millionen Jahren zu erklären. Die schnellen klimatischen Veränderungen, die diese Eruption auslöste, hätte es für die Organismen extrem schwer gemacht, sich anzupassen. Als Folge starben viele von ihnen aus. (Geology, 2014; doi: 10.1130/G35434.1)
(Curtin University, 03.06.2014 – NPO)