Explosions-Relikt zum Anfassen: Astronomen haben die seltsam hantelförmige Staub- und Gaswolke des Homunculus-Nebels erstmals genauer vermessen und als 3D-Modell rekonstruiert. Es zeigt, dass dieser Überrest einer Explosion im Doppelsternsystem Eta Carinae erst durch die Wechselwirkung der beiden Ursprungssterne seine bizarre Form erhielt. Kleines Bonus-Schmankerl: Das 3D-Modell lässt sich nun sogar per 3D-Drucker ausdrucken.
Mitte des 19. Jahrhunderts ereignete sich im Doppelsternsystem Eta Carinae eine Explosion, die es für kurze Zeit zum zweithellsten Objekt am Nachthimmel machte. Das 7.500 Lichtjahre entfernte System besteht aus einem Riesenstern der 90-fachen Sonnenmasse und einem kleineren Partner von rund 30 Sonnenmassen. Bei der Eruption wurden zwischen zehn und 40 Sonnenmassen an Materie ins All geschleuderte und bildeten den noch heute gut sichtbaren Homunculus-Nebel. Der grob hantelförmige Nebel ist rund ein Lichtjahr lang und dehnt sich mit etwa 2,1 Millionen Kilometern pro Stunde aus.
Ärmchen, Löcher und Gräben
Die genaue Form des Nebels und die Frage, welcher der beiden Sterne die Explosion auslöste, war bisher ungeklärt. Der Astrophysiker Wolfgang Steffen von der Nationalen Autonomen Universität von Mexico und seine Kollegen haben Form und Ursprung dieser Sternenexplosion nun erstmals im Detail aufgeklärt und in 3D rekonstruiert. Dies gelang mit Hilfe von Beobachtungen im Nahinfrarot, Ultraviolett und im sichtbaren Licht am Very Large Telescope der ESO in Chile. Erstmals ließen sich so auch Strukturen auf der erdabgewandten Seite des Nebels abbilden.
Demnach hat der Nebel ausgeprägte Löcher an den beiden Enden seiner zweilappigen Form. Außerdem ragen seltsame, armähnliche Vorsprünge aus der Basis der beiden Lappen heraus. Tiefe, ausgedehnte Gräben durchziehen zudem die beiden kugeligen Lappen. Der Winkel zwischen den Armen und Gräben spricht nach Ansicht der Forscher dafür, dass nicht ein Stern allein diese Materie ausschleuderte, sondern dass vielmehr ein naher Kontakt beider dazu führte.
Sternennebel zum Ausdrucken
„Unser Modell zeigt, dass diese gewaltige Hülle aus Gas und Staub einen komplexeren Ursprung hat als allgemein angenommen“, sagt Koautor Thomas Madura vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt. Demnach spielten intensive Wechselwirkungen zwischen den beiden Sternen eine wichtige Rolle für die Bildung des Nebels, wie wir ihn heute sehen.
Aus ihrem 3D-Modell entwickelten die Forscher sogar eine Vorlage, die von 3D-Druckern gelesen und ausgedruckt werden kann. Wer möchte, kann sich damit sein eigenes Kunststoffmodell des Homunculus-Nebels produzieren. „Solche 3D-gedruckten Modelle sind nicht nur eine schöne Visualisierungshilfe für Astronomie-Interessierte, vor allem Blinde können sich damit nun astronomische Bilder erschließen“, sagt Koautor Theodore Gull von der NASA. (Monthly Notices of the Royal Astronomical Society,, 2014; doi: 10.1093/mnras/stu1088)
(ESO, 09.07.2014 – NPO)