Von wegen schnell abbaubar: Noch vier Jahre nach der Ölpest im Golf von Mexiko findet sich das damals ausgebrachte Lösungsmittel im Wasser und sogar im Sand der Strände. Das belegen jetzt Analysen von US-Forschern. Noch ist rätselhaft, warum sich die Chemikalie gerade an der Oberfläche so lange gehalten hat. Solange die möglichen Umweltfolgen nicht klar sind, warnen Schilder an den Stränden Besucher vor dem Anfassen der Sandklumpen.
Die Ölpest durch die Bohrplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko gilt als eine der schwersten der Geschichte. Geschätzte 800 Millionen Liter Öl traten aus dem undichten Bohrloch aus. Um die Ölpest einzudämmen, ließ der Ölkonzern BP knapp sieben Millionen Liter eines chemischen Lösungsmittels auf die Ölteppiche und in der Nähe der Austrittstelle verteilen. Das Dioctylnatriumsulfosuccinat (DOSS) wirkt ähnlich wie ein Emulgator und sorgt dafür, dass größere Ölflecke in kleinere Tröpfchen zerfallen, die dann leichter von Bakterien abgebaut werden können.
Die Chemikalie galt als kurzlebig und schnell biologisch abbaubar – eigentlich. Doch schon vor einiger Zeit haben Elizabeth Kujawinski von der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) und ihre Kollegen nachgewiesen, dass das Lösungsmittel zumindest in der Tiefsee sehr viel langsamer abgebaut wird als bisher angenommen. „Die Tiefsee ist kalt und dunkel und unter diesen Bedingungen findet der Abbau verlangsamt statt“, erklärt Kujawinski. Daher verwunderte es die Forscher auch nicht sonderlich, als sie Kaltwasserkorallen mit Lösungsmittelresten fanden.
Chemikalie in verölten Sandklumpen
Jetzt zeigt sich jedoch, dass sich das Lösungsmittel offenbar auch an der Oberfläche und sogar an Stränden unerwartet lange hält. In Sandproben, die von 2010 bis heute entlang verschiedener Abschnitte der Golfküste gesammelt wurden, entdeckten die Forscher immer wieder Reste der Chemikalie. Meist fand sich das Lösungsmittel in festgebackenen Sandklumpen, die mit Ölresten vermischt waren.
Das DOSS war in unterschiedlichen Mengen noch 26 bis 45 Monaten nach der Ölkatastrophe nachweisbar. „Das war ziemlich unerwartet“, sagt Erstautorin Helen White vom Haverford College. „Denn wir finden diese Verbindung an Orten, wo wir erwartet hätten, dass sie entweder im Wasser gelöst wird oder durch Bakterien zersetzt.“ Doch die Analysen belegen damit, dass das angeblich so schnell abbaubare Lösungsmittel noch rund vier Jahre nach Freisetzung nicht nur im tiefen Wasser, sondern auch an der Oberfläche vorhanden bleibt.
Giftwirkung unklar
Die Menge des Lösungsmittels in den Sandklumpen ist zwar relativ gering, wie die Forscher betonen. Es sei aber schwer zu sagen, wie giftig diese Rückstände seien. Die US-Umweltbehörde hat zwar Grenzwerte dafür festgelegt, ab welchen Konzentrationen das Lösungsmittel für Meeresbewohner toxisch gilt. Wie sich die Chemikalie aber in dem Sand-Öl-Gemisch auswirke, sei unbekannt, so die Wissenschaftler.
Solange nicht mehr über mögliche Gesundheitsfolgen bekannt ist, haben einige Kommunen der Golfküste an ihren Stränden Schilder aufgestellt, die die Besucher davor warnen, die Sandklumpen anzufassen. Die Forscher wollen nun weitere Untersuchungen machen, um herauszufinden, warum das Lösungsmittel sich im Sand so lange erhalten konnte. „Jetzt, wo wir wissen, dass das Lösungsmittel sich noch nach vier Jahren in der Umwelt findet, ist es noch dringender, seine Auswirkungen auf die Umwelt besser zu verstehen“, sagt White. (Environmental Science & Technology Letters, 2014)
(Woods Hole Oceanographic Institution, 17.07.2014 – NPO)