
Kaltwasser-Korallen in der Tiefsee © Department for Business, Innovation and Skills, UK
Tiefsee schluckt Treibhausgase
Wie sie berichten, spielen vor allem die Mikrobengemeinschaften der Tiefsee eine wichtige Rolle für globale Stoffkreisläufe. So sorgen methanfressende Bakterien dafür, dass nur ein geringer Teil des aus Methanhydrat-Vorkommen entweichenden Methans an die Wasseroberfläche gelangt. Der weitaus größte Teil dieses potenten Treibhausgases wird von den Bakterien aufgezehrt. „Nur deshalb tragen ozeanische Quellen bisher nur 2-4 Prozent zum Methanausstoß in die Atmosphäre bei“, betonen die Forscher.
Auch für ein zweites Treibhausgas, das Kohlendioxid, fungiert die Tiefsee als Puffer und Speicher zugleich: „Die Tiefsee speichert zurzeit rund 37.000 Gigatonnen Kohlenstoff und hat bereits ein Viertel des gesamten Kohlenstoffs aufgenommen, der durch menschliche Aktivitäten freigesetzt wurde“, erklären die Wissenschaftler. Ohne diese Leistungen der Tiefsee wäre der Klimawandel daher schon weiter fortgeschritten.
Öl, Gas und Wärmeenergie
Aber auch im nichtbiologischen Bereich leistet die Tiefsee wertvolle Dienste. Ein Beispiel sind fossile Brennstoffe wie Erdöl und Gas: Heute werden Lagerstätten in immer tieferen Gewässern erschlossen, weil die flacheren Vorkommen erschöpft sind und die Technik inzwischen eine Ausbeutung tiefer Lagestätten ermöglicht. Die Explosion der Bohrplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexico habe aber gezeigt, welche Risiken dies berge – auch und gerade für die sich nur langsam regenerierende Meeresumwelt, betonen die Forscher.
Gleichzeitig gibt es in der Tiefsee auch noch bisher unangezapfte Energiereserven wie die Methanhydratvorkommen oder die Wärmeenergie der hydrothermalen Schlote. Auch der Temperaturunterschied zwischen dem wärmeren Oberflächenwasser und der Tiefsee lässt sich zur Energiegewinnung nutzen. „Diese thermische Konversion könnte das 400-Fache der globalen Energienachfrage liefern“, schätzen die Forscher. Erste Pilotanlagen existieren bereits vor Japan und Südkorea.
Tiefsee-Bergbau wird kommen
Aktuell in der Diskussion und Planung ist auch die Gewinnung von wertvollen Metallen und Mineralien durch Tiefsee-Bergbau. „Diese Tiefsee-Rohstoffe werden wahrscheinlich noch innerhalb der nächsten Jahrzehnte in großem Umfang abgebaut werden“, sagen die Forscher. So ist die Planung für einen Abbau von Manganknollen im Pazifik bereits relativ weit fortgeschritten.
Aber auch hier warnen die Wissenschaftler vor den Folgen unbedachter Eingriffe: Die Ablagerungen der Metalle und Minerale bildeten sich innerhalb von Jahrhunderten und Jahrtausenden und sind daher nach unseren Zeitmaßstäben nicht erneuerbar. Viele Prozesse und Kreisläufe laufen in der Meerestiefe sehr viel langsamer ab als an der Oberfläche. Zudem ist beispielsweise die Wirkung der Tiefsee-Bakterien scheinbar gering, wenn man nur einzelne betrachtet. Weil sie aber gewaltige Flächen besiedeln, spielt ihr Zustand eine entscheidende Rolle in globalem Maßstab, so die Forscher.
Verantwortlicher Umgang entscheidend
„Der Wert der Tiefsee muss klar sein, wenn wir darüber entscheiden, wie wir sie in Zukunft vermehrt nutzen“, betont Thurber. „Denn wir müssen darauf achten, nicht die Leistungen und Dienste zu verlieren, die sie uns jetzt schon bereitstellt.“ Es sei daher dringend nötig, über einen verantwortlichen Umgang mit der Tiefsee nachzudenken und zu diskutieren, bevor die Ausbeutung zu weit fortgeschritten sei, mahnen die Wissenschaftler.
Sie hoffen, dass ihre Daten und Erkenntnisse auch den Entscheidungsträgern verdeutlichen, wie wichtig dieses ozeanische Reich für die Menschheit und die Gesellschaft ist – und wie sensibel es gegenüber Eingriffen reagiert. (Biogeosciences, 2ß14; doi: 10.5194/bg-11-1-2014)
(European Geosciences Union, 30.07.2014 – NPO)
30. Juli 2014