Medizin

Sandmücken breiten sich nach Norden aus

Potentiell krankheitsübertragende Mücke aus dem Mittelmeerraum lebt nun auch in Hessen

Durch einen Stich von Sandmücken kann die Infektionskrankheit Leishmaniose übertragen werden. © CDC / F. Collins

Blutsauger auf Reisen: Zum ersten Mal haben deutsche Wissenschaftler eine Sandmücken-Art in Hessen identifiziert – so weit nördlich wie nie zuvor. Diese Mücken sind mögliche Überträger der Parasiten-Erkrankung Leishmaniose. Grund zur Panik gibt es jedoch nicht: Es ist noch unklar, ob die Sandmücken auch hier Krankheiten übertragen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Parasitology Research“.

Die beigefarbenen Sandmücken sind nur wenige Millimeter groß und lieben es eigentlich warm. Ihre Hauptverbreitungsgebiete sind die Tropen, Subtropen und der Mittelmeerraum – dort übertragen die winzigen Mücken nicht selten die Infektionskrankheit Leishmaniose. Erreger dieser Krankheit sind die Leishmanien – geißeltragende Einzeller, die als Parasiten in ihren Wirten leben. Während ihres Lebenszyklus wechseln sie zwischen blutsaugenden Insekten – den Vektoren – und Wirbeltieren als Wirtstier. Leishmaniose tritt in unterschiedlich schweren Formen auf: Von selbst abheilenden Hautgeschwüren über einen Befall des Nasen-Rachenbereiches bis hin zu Leber-, Milz- oder Knochenmarksschäden, die ohne Therapie tödlich enden können.

Vektor für Infektionskrankheiten?

Ein Vektor für diese Parasiten ist die Sandmücke, die sich nun auch offenbar von ihrem bisherigen warmen Lebensraum weiter nach Norden ausbreitet: „Wir haben nun erstmals eine Sandmücken-Art innerhalb Hessens entdeckt“, berichtet Sven Klimpel von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Goethe-Universität in Frankfurt. Das ist nicht nur der nördlichste Fund einer solchen Mücke in Deutschland, sondern sogar auf der ganzen Welt. Er und sein Team fingen und identifizierten das Insekt nördlich von Gießen im Rahmen eines bundesweiten Mückenmonitorings.

Nur wenige Millimeter groß, aber eine potentielle Gefahr für Mensch und Tier: Die Sandmücke gibt es jetzt auch in Hessen. © CDC F. Collins

„Es handelt sich um die Sandmücken-Art Phlebotomus mascittii, die in etwa 500 Meter Entfernung zu bewohnten Häusern gefunden wurde“, erklärt der Parasitologe und ergänzt: „Bisher ist noch nicht eindeutig bewiesen, dass diese Art als Vektor für Infektionskrankheiten – wie beispielsweise Leishmaniose – dient, aber die Vermutung liegt nahe, dass sie es kann.“ Derzeit arbeiten die Frankfurter Wissenschaftler intensiv an der Beantwortung dieser Frage.

Kein Grund zur Panik

Ob sich Krankheitserreger wie Leishmanien, aber auch gefährliche Viren, tatsächlich ausbreiten können, hängt davon ab, ob sie in den vorhandenen Sandmücken als Vektoren überleben können. Entscheidend dafür sind die in Deutschland herrschenden klimatischen und biologischen, aber auch hygienischen Bedingungen. „Hierzulande besteht bisher kein Grund zur Panik“, beruhigt Klimpel und ergänzt: „Es ist aber zu vermuten, dass sich in Zukunft sowohl die Sandmücken als auch die von ihnen transportierten Krankheitserreger durch die Klimaerwärmung weiter nordwärts ausbreiten und sich in den nächsten Dekaden in Europa und Deutschland wohl fühlen werden.“

„Die Suche nach Sandmücken ist nicht ganz einfach“, erklärt Klimpel und fügt hinzu: „Die Tiere sind sehr klein, sie treten in geringer Anzahl auf und lassen sich nur schwer mit Lichtfallen anlocken.“ Es könnte demnach sein, dass die Sandmücken schon viel weiter im nördlichen Europa verbreitet sind, als bisher angenommen wurde.

Die Erreger der Leishmaniose sind allerdings nicht auf die Mücken als Transportmittel angewiesen, um den Weg in nördlichere Gebiete zu bewältigen: „Durch den zunehmenden Import von Hunden aus dem Mittelmeergebiet oder deren Mitnahme zu Urlauben in Endemiegebieten werden die Leishmaniose-Parasiten immer weiter in das nördliche Europa verschleppt“, erläutert Klimpel. Die Haustiere dienen als sogenannte Reservoirwirte für die Krankheitserreger. Von dort können sie von den Mücken aufgenommen und so verbreitet werden.

(Parasitology Research, 2014; doi: 10.1007/s00436-014-3884-y)

(Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, 04.08.2014 – AKR)

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