Klima

Russland als „Klimaretter“?

Russische Duma ratifiziert Kyoto-Protokoll

Am Freitag nachmittag hat die russische Duma den Weg frei gemacht für das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls. 90 Tage nachdem die Ratifizierungsurkunde dann in New York hinterlegt ist, tritt das Kyoto-Protokoll automatisch in Kraft.

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Mit dem Kyoto-Protokoll wird die Zusage der Industrieländer, ihre Treibhausgasemissionen bis 2012 zu reduzieren, völkerrechtlich verbindlich – außer für die USA und Australien, die nicht ratifiziert haben. Zugleich erhalten viele Regeln Verbindlichkeit, etwa über die Erfassung der Treibhausgase oder über die Unterstützung der potentiellen Klimaopfer, sich an den Wandel anzupassen.

Das Kyoto-Protokoll zur Klimarahmenkonvention wurde 1997 verabschiedet und inzwischen von 126 Staaten ratifiziert. Es verpflichtet die Industriestaaten, die Emission ihrer Treibhausgase bis zum Zeitraum 2008-2012 um fünf Prozent gegenüber 1990 zu mindern. Deutschland muss die Emissionen um 21 Prozent mindern, davon sind 19 Prozentpunkte bereits erreicht.

Trittin: „Wichtiges Signal für internationale Gemeinschaft“

Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat die Verabschiedung des Ratifikationsgesetzes zum Kyoto-Protokoll durch das Unterhaus des russischen Parlaments begrüßt. „Mit der Entscheidung des russischen Parlaments rückt das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls in greifbare Nähe. Dies ist ein wichtiges Signal für die internationale Gemeinschaft. Dem globalen Klimawandel als grösster umweltpolitischer Herausforderung können wir nur durch entschiedenes multilaterales Handeln begegnen“, erklärte Trittin.

Das Gesetz wird jetzt dem Föderationsrat (Oberhaus der Duma) zur Entscheidung übermittelt und danach Präsident Putin zur Unterschrift vorgelegt. Trittin zeigte sich optimistisch, dass das russische Gesetzgebungsverfahren im Interesse der Umwelt, der internationalen Zusammenarbeit und im Interesse Russlands nun zügig abgeschlossen werde. Das Kyoto-Protokoll wird drei Monate nach der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde bei den Vereinten Nationen in Kraft treten. „Mit dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls würde die internationale Klimapolitik einen enormen Schub erhalten. Dies ist dringend notwendig. Wir haben keine Zeit zu verlieren, der Klimawandel schreitet mit grosser Geschwindigkeit voran“, so Trittin.

„Klimaschutzabkommen auf der Zielgeraden“

Auch die Umweltorganisation WWF hat die Entscheidung begrüßt. „Nachdem die Duma grünes Licht gegeben hat, ist das internationale Klimaschutzabkommen auf der Zielgeraden“, freut sich Regine Günther, Leiterin des Energie- und Klimareferats beim WWF Deutschland. Die Entscheidung der Duma unterstreiche den politischen Willen dem Klimawandel ernsthaft entgegenzutreten. Der WWF hofft, dass die Signale auch in den USA verstanden werden. Als größter Verursacher von Treibhausgasen müssen sie möglichst bald zum Kyoto-Prozess zurückfinden. „Die bisher vereinbarten Reduzierungen der Treibhaus- gase sind nur der Anfang. Wir müssen alles tun, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bis zum Ende des Jahrhunderts auf maximal zwei Grad zu begrenzen“, so Regine Günther.

Auch nach Ansicht von Klimaexperten des NABU ist Kyoto zwar nicht die Rettung des Klimas, aber immerhin ein Anfang. Das Protokoll bietet flexible Instrumente, die Klimaschutz finanziell attraktiv machen. So ermöglicht es zum Beispiel europäischen Unternehmen, in Russland effiziente Kraftwerke zu bauen und sich die dadurch eingesparten Treibhausgase im Heimatland anrechnen zu lassen. Auch der Handel mit sogenannten „Emissionszertifikaten“ ist ein solches Instrument.

Zweischneidiges Schwert Emissionshandel

Bundesumweltminister Trittin: „Die Ratifikation wird der wirtschaftlichen Entwicklung in Russland einen wichtigen Impuls geben. Die flexiblen Instrumente, die das Protokoll bei Klimaschutzmassnahmen vorsieht, erleichtern Investitionen im Bereich Energieeffizienz und können zur Modernisierung der Wirtschaft beitragen. Mit der Entwicklung sauberer Technologien sind viele ökonomische Vorteile verbunden.“ Aber auch Russland wird von den Auswirkungen des Klimawandels bedroht. So hätte etwa das Auftauen der Permafrostböden erhebliche Auswirkungen auf die Infrastruktur in Sibirien.

Durch den Untergang der Planwirtschaft sind die Emissionen Russlands um 38 Prozent geschrumpft, das Land besitzt so das ungenutzte Recht auf den

Ausstoß von 600 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Verkauft Russland diese Rechte zum Beispiel an Europa oder Japan, die ihre Klimaschutzziele nicht erreichen, würden diese Emissionsrechte Russland bei voraussichtlichen Zertifikate-Preisen von fünf bis 20 Euro pro Tonne zwischen drei und zwölf Milliarden Euro pro Jahr bringen.

„Dieser Handel ist für Russland ein Geldsegen, fürs Klima aber eine Gefahr“, so der Greenpeace Klimaexperte Karsten Smid. „Klimaschutz muss zuerst im eigenen Land realisiert werden und nicht allein durch den Kauf russischer Emissionsrechte“, warnt Smid. „Und für Mr. Bush gilt: Wenn er nicht

will, dass Bilder aus ‚The Day after Tomorrow‘ Wirklichkeit werden, dann sollte er schleunigst etwas für die Verringerung der amerikanischen Emissionen tun.“

(BMU, NABU, WWF, Greenpeace, 25.10.2004 – NPO)

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