Denguefieber bald auch bei uns: Schon in 20 bis 30 Jahren könnte es lokale Dengue-Ausbrüche auch in Südwest-Deutschland geben. Das zeigt eine neue Risikokarte britischer Forscher. Zu Hochrisikogebieten werden aber künftig ausgerechnet die beliebten Urlaubsziele an der italienischen Adria und der Südostküste Spaniens. Denn der Klimawandel schafft dort ab Mitte des Jahrhunderts optimale Bedingungen für die virenübertragenden Stechmücken.
Das Dengue-Fieber ist eine der häufigsten von Stechmücken übertragenen Krankheiten: Jedes Jahr werden rund 390 Millionen Menschen neu infiziert, geschätzte 2,5 Milliarden Menschen leben in Dengue-Risiko-Gebieten. Hauptüberträger der Dengue-Viren sind die bisher vor allem in tropischen Gebieten verbreiteten Gelbfiebermücken (Aedes ägypti) und die Asiatischen Tigermücken (Aedes albopictus) , daher ist auch das Denguefieber vor allem in Südostasien, aber auch im tropische Südamerika und Afrika verbreitet.
Bisher nur eingeschleppt, nicht endemisch
In Europa traten Dengue-Fälle und lokale Ausbrüche bisher vor allem durch Reisende auf, die sich in den Risikogebieten infizierten. Inzwischen kommen die übertragenden Mückenarten jedoch auch vermehrt im Mittelmeerraum vor. Im Jahr 2010 traten dadurch in Kroatien und Südfrankreich Denguefälle auf, im Herbst 2012 erkrankten mehr als 1.300 Menschen bei einer lokalen Epidemie auf Insel Madeira.
Auch in Deutschland wurde die Asiatische Tigermücke bereits nachgewiesen. Im Jahr 2013 trat sie erstmals auch in Bayern und in Baden-Württemberg auf. Noch allerdings ist sie hier nicht etabliert, die meisten Exemplare werden einschleppt – das könnte sich mit milder werdenden Wintern allerdings ändern.
Risiko für 27 EU-Länder ermittelt
Wie sich das Denguefieber-Risiko in Europa bis zum Ende dieses Jahrhunderts entwickeln wird, haben nun Paul Hunter und seine Kollegen von der University of East Anglia in ihrer Studie ermittelt. Sie nutzten dafür zunächst Daten aus Mexiko, um den Einfluss von Temperatur und Niederschlägen, aber auch der Bevölkerungsdichte und anderen sozioökonomischer Faktoren auf die Verbreitung des Denguefiebers zu ermitteln.
Auf Basis dieser Grunddaten erstellten die Forscher dann ein Computermodell, das das Auftreten von Dengue in den 27 Ländern der EU in drei Zeitperioden simuliert: in der nahen Zukunft (2011–2040), mittelfristig (2041–2070) und bis zum Ende des Jahrhunderts (2071–2100).
Mehr Fälle in Südwest-Deutschland, vor allem aber am Mittelmeer
Das Ergebnis: Viele Gebiete Europas, in denen heute noch kein Denguefieber vorkommt, werden bereits in 20 bis 30 Jahren zu den Risikogebieten gehören. In Südwest-Deutschland, Frankreich, Ungarn und der Balkan-Region könnten bis 2040 bereits bis zu zehn Fälle pro 100.000 Einwohner auftreten, so die Forscher. Lokale Epidemien, wie heute schon in Kroatien oder Madeira der Fall, könnten dann auch in diesen Gebieten vorkommen.
Deutlich stärker aber wird sich die Krankheit rund um das Mittelmeer verbreiten – dort, wo das Klima besonders günstig für die Überträgermücken ist. Zu Hochrisikogebieten könnten dann vor allem die Adriaküste und die Po-Ebene in Italien werden, wie die Forscher berichten. Auch der Süden Spaniens und die spanische Mittelmeerküste wären verstärkt betroffen. Hier könnte das Denguefieber endemisch werden, wenn infizierte Tiger- und Gelbfiebermücken sich dauerhaft etablieren.
Immunabwehr der Europäer ist nicht vorbereitet
Wie Hunter und seine Kollegen betonen, wären die Europäer für das Denguevirus zudem eine „leichte Beute“: Weil die Krankheit bisher hier nahezu nie vorkommt, ist das Immunsystem der europäischen Bevölkerung auf diese Krankheit nicht vorbereitet, es gibt noch keine natürliche Immunität dagegen. Das könnte die Ausbreitung des Virus beschleunigen. „Die tatsächliche Fälle könnten daher unsere Vorhersagen übertreffen“, betonen die Forscher.
Noch umfasst ihr Modell zwar nicht alle Faktoren, die die Ausbreitung der Überträgermücken bestimmen, wie sie selbst einräumen. Dennoch liefert es bereits erste Anhaltspunkte, worauf sich beispielsweise die Gesundheitsbehörden einstellen müssen. „Die Behörden in den Hochrisikogebieten müssen die Überwachung der Stechmücken-Populationen und ein Monitoring der Denguefällen durch die Ärzte einplanen und umsetzen“, raten Hunter und seine Kollegen. Zudem sollte auch die Bevölkerung frühzeitig über die Infektionsrisiken durch Mückenstiche aufgeklärt werden. (BMC Public Health, 2014, 14:781)
(BMC Public Health / University of East Anglia, 22.08.2014 – NPO)