Viele Mutationen: Das in Westafrika grassierende Ebola-Virus unterscheidet sich genetisch schon an 300 Stellen von früheren Stämmen. Darunter sind auch einige DNA-Abschnitte, die für Diagnose und Therapie wichtig sind. Das belegt die bisher umfassendste Genanalyse von Virenproben der aktuellen Epidemie. Die neuen, im Fachmagazin „Science“ veröffentlichten Daten zeigen aber auch, wie und wann das Virus nach Westafrika kam.
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Inzwischen hat sich die Ebola-Epidemie auch in die Demokratische Republik Kongo ausgebreitet, wie die Weltgesundheitsorganisation WHO vor wenigen Tagen meldete. Knapp 1.500 Menschen sind beim aktuellen Ebola-Ausbruch bereits gestorben, darunter auch mehr als 240 Ärzte und medizinische Helfer und ein Ende ist nicht abzusehen.
Virenproben von 78 Patienten
Ein Grund dafür: Im Gegensatz zu früheren Ausbrüchen in Zentralafrika trifft die Seuche in Westafrika dichter besiedelte Gebiete, entsprechend schnell breitet sie sich aus. Wie und wann das Virus nach Westafrika gelangte, war bisher allerdings unklar. Einer Theorie nach soll es schon seit Jahrzehnten in der Tierwelt dieser Region zirkulieren, einer anderen nach ist Ebola erst vor wenigen Jahren durch tierische Überträger eingeschleppt worden.
Um herauszufinden, woher das aktuelle Ebolavirus kommt und wie es sich von den altbekannten Stämmen unterschiedet, hat ein internationales Forscherteam um Stephen Gire von der Harvard University in Cambridge jetzt die DNA des in Westafrika grassierenden Virenstammes so genau wie nie zuvor analysiert. Die Forscher sequenzierten 99 Virenproben von 78 Patienten, die zwischen Ende Mai und Mitte Juni in Sierra Leone mit Ebola diagnostiziert worden waren. Sie gehörten damit zu den ersten Betroffenen der Epidemie in diesem Land.
Deutliche Veränderungen am Genom
Ein wichtiges Ergebnis der DNA-Analysen: Das Ebolavirus scheint relativ schnell zu mutieren: „Wir haben mehr als 300 genetische Veränderungen entdeckt, die das Virus dieses Ausbruchs von denen vorhergehender unterscheiden“, berichtet Gire. Von den Mutationen betroffen sind auch Genregionen, die für die Genauigkeit von diagnostischen Tests wichtig sind.
Möglicherweise könnten die Genveränderungen sogar die Wirksamkeit von Medikamenten wie dem experimentellen Antikörper-Präparat ZMapp beeinflussen. Wie die Wissenschaftler berichten haben ZMapp-Forscher sie bereits kontaktiert und die neuen Gendaten angefordert, um eventuell nötige Anpassungen vornehmen zu können. „Indem wir diese Daten mit der Forschergemeinschaft teilen, hoffen wir, die globalen Bemühungen zu unterstützen, diese Epidemie einzudämmen“, sagt Gire.
Vor zehn Jahren eingeschleppt
Anhand der Analysen konntne die Forscher auch rekonstruieren, dass das aktuelle Ebolavirus etwa um das Jahr 2004 herum nach Westafrika gelangt sein muss. Vermutlich brachten es Tiere, wahrscheinlich Fledermäuse, aus Zentralafrika mit, vermuten die Forscher. Wahrscheinlich im Februar 2014 wurde dieses Virus dann auf einen Menschen übertragen – und auf diese Infektion gehen alle aktuellen Fälle in Guinea und Sierra Leone zurück, so Gire und seine Kollegen.
Von Guinea nach Sierra Leone gelangte das Virus dann durch nur wenige Überträger und einen einzigen Anlass: Zwölf Frauen, die einer Beerdigung eines Ebola-Opfers aus Guinea beiwohnten, steckten sich mit bereits zwei in Guinea zirkulierenden Virenstämmen am und brachten sie ins Nachbarland.
Virus tötete fünf Mitglieder des Forscherteams
Wie folgenreich die aktuelle Ebola-Epidemie ist, zeigt sich auch am Forscherteam selbst: Fünf der an der Arbeit Beteiligten leben heute nicht mehr – sie infizierten sich bei Aufenthalten in Sierra Leone und beim Sammeln der Proben. „Sie haben den Kampf mit der Krankheit verloren, bevor dieses Manuskript veröffentlicht wurde“, schreiben ihre Kollegen in einem Nachsatz. „Hiermit möchten wir ihr Andenken ehren.“ (Science, 2014; doi: 10.1126/science.1259657)
Mehr Informationen und Updates zu Ebola finden Sie in unserem Special: Ebola – eine Seuche breitet sich aus
(Science / Broad Institute of MIT and Harvard, 29.08.2014 – NPO)