Im Tod vereint: Vor 45 Millionen Jahren klammerte sich diese blutsaugende Milbe an den Kopf einer Ameise, als ein Tropfen Baumharz beide tötete und konservierte. Diese in Bernstein entdeckte Momentaufnahme der Urzeit ist der älteste Beleg für die enge, wahrscheinlich parasitische Beziehung zwischen Milben und sozialen Insekten, wie Forscher im Fachmagazin „Biology Letters berichten.
Milben sind überall: Die kleinen Achtbeiner haben nahezu jeden Lebensraum und Wirt der Erde für sich erobert. Eine ganze Gattung von Milben, Myrmozercon, ist nur darauf spezialisiert, im Ameisennest oder als Parasiten an den Ameisen selbst zu leben. Einige besitzen besonders starke Klauen, um sich um Rumpf der Insekten festklammern zu können, andere haben einen nach Innen gekrümmten Bauchpanzer, so dass sie sich besonders eng an die Beine oder Antennen ihrer Wirtsameisen schmiegen können, wie Jason Dunlop vom Museum für Naturkunde in Berlin und seine Kollegen berichten.
Fund im Bernstein
So häufig diese Liaison zwischen Milbe und Ameise heute ist, so selten finden sich davon Zeugnisse aus der Urzeit: Es gibt so gut wie keine Fossilien oder Bernsteinfunde, die diese parasitische Milben an oder auf einem Insekt zeigen. Ein Grund dafür: Im Gegensatz zu den Zecken halten sich die Vertreter dieser Milbengruppe nur selten auf der Rinde von Bäumen auf – wo sie dann sie von Baumharz eingeschlossen und konserviert werden könnten.
Der neue Fund von Dunlop und seinen Kollegen liefert daher einen umso wertvolleren Einblick in die Geschichte dieser manchmal verhängnisvollen Beziehung von Milbe und Ameise. In einem dünnen, rechteckigen Stück Bernstein von der russischen Ostseeküste stießen die Forscher nach vorsichtiger Reinigung auf eine Ameise, an deren Kopf eine nur 0,7 Millimeter große Milbe festgeklammert saß. Diese hat einen fast kugeligen Körper und eher kurze Beinchen, die aber in langen, gut ausgebildeten Haftfüßen enden.
Nutznießer sozialer Insekten
Zwar verdeckt eine kleine Luftblase ausgerechnet die für die genauere Zuordnung wichtigen Mundwerkzeuge und Rückenborsten, dennoch sind sich die Forscher relativ sicher, dass diese Urzeit-Milbe zu den Myrmozercon gehört. „Auch einige lebende Vertreter dieser Gattung heften sich am Kopf ihrer Wirtsameisen fest“, erklären die Forscher. Die Myrmozercon brevipes getaufte Urzeit-Milbe belege, dass dieses Verhalten bereits bis ins Eozän zurückreiche.
„Diese bemerkenswerte Entdeckung liefert den ältesten Beleg für eine intime – und wahrscheinlich parasitische – Beziehung zwischen mesostigmatischen Milben und sozialen Insekten“, konstatieren Dunlop und seine Kollegen. Er zeige, dass zumindest die Ameisen schon seit fast 50 Millionen Jahren von Milben parasitiert werden. Zudem ist die in Bernstein eingefangene Milbe nach Angaben der Forscher das erste und bisher einzige Beispiel eines Fossils aus der Familie der Laelapidae, zu der auch die ameisenliebenden Milben gehören. (Biology Letters, 2014; doi: 10.1098/rsbl.2014.0531)
(Royal Society, 10.09.2014 – NPO)