Genetik

Alkohol: Abneigung ist erblich

Gen-Varianten beeinflussen Geschmackssinn für bittere und scharfe alkoholische Getränke

Alkoholische Getränke sind Geschmacksache: Manchen Menschen sind sie zu bitter. © freeimages

Martini zu bitter, Wein zu herb? Wem alkoholische Getränke zu bitter schmecken, der hat dieses Geschmacksempfinden möglicherweise geerbt. US-Forscher haben in einer Studie herausgefunden, dass Gen-Varianten für bestimmte Geschmacksrezeptoren die Abneigung gegen Alkohol beeinflussen. Dies kann sich auch auf das Risiko zum Alkoholismus auswirken, ist aber kein endgültiger Schutz davor, betonen die Forscher.

Dem einen schmeckt’s, dem anderen nicht: Manche Menschen mögen den leicht bitteren und scharfen Geschmack alkoholischer Getränke nicht. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass manche Menschen alkoholische Getränke bitterer wahrnehmen als andere. Üblicherweise mögen wir Nahrungsmittel weniger, je mehr wir sie als bitter schmeckend empfinden. Doch was steckt hinter dieser persönlichen Geschmackswahrnehmung – hat sie mit Gewöhnung und Erziehung zu tun oder ist sie vor allem Veranlagungssache? Dieser Frage gehen Forscher bereits seit einiger Zeit nach.

Bitter-Rezeptoren hängen mit Alkoholkonsum zusammen

Klar ist, dass unser Geschmackssinn auf der Reaktion von bestimmten Geschmackssensoren im Mundraum beruht. Der Bauplan für diese sogenannten Rezeptoren ist wiederum in speziellen Erbanlagen codiert. Einige dieser Gene konnten Forscher bereits zuordnen: Es sind Erbanlagen für die Ausbildung von Bitter- beziehungsweise Schärfe-Sensoren bekannt. Im Fall der Bittersensoren gibt es aus früheren Studien Hinweise darauf, dass bestimmte Gen-Versionen statistisch mit weniger oder mehr Alkoholkonsum verknüpft sind.

Diesem Zusammenhang sind die Forscher um John Hayes von der Pennsylvania State University nun durch Versuche gezielt nachgegangen. „Wir haben für unsere Studie die beiden Bitter-Rezeptor-Gene TAS2R13 und TAS2R38 ausgesucht, weil sie bereits zuvor mit Alkoholkonsum in Verbindung gebracht worden sind“, sagt Hayes. Zusätzlich untersuchten die Forscher die möglichen Effekte verschiedener Versionen des TRPV1-Gens, das für die Ausbildung von Schärfe-Sensoren verantwortlich ist. „Wir vermuteten, dass dieses neben den Bitter-Genen ebenfalls wichtig sein könnte“, so Hayes.

Gentests und Alkoholverkostung

An der Studie nahmen 93 Probanden teil. Durch genetische Untersuchungen stellten die Forscher zunächst fest, welche Versionen der drei Gene bei ihnen vorlagen. Anschließend wurde Alkohol verkostet: Einmal erhielten die Probanden dazu eine 16 prozentige Alkoholölung zum Mundspülen, bei einem zweiten Ansatz bekamen sie einen mit 50 prozentigem Alkohol getränkten Wattebausch auf die Zunge gelegt. Dabei sollten sie jeweils angeben, wie intensiv sie Bitterkeit und Schärfe wahrnahmen.

Die Vergleiche der Geschmackseinschätzungen der Probanden mit ihrem genetischen Makeup zeigten: Das Geschmacksempfinden von Alkohol folgt einer Funktion der genetischen Variation – mit anderen Worten: Bestimmte Versionen der drei Gene bestimmen tatsächlich, wie intensiv jemand den Geschmack von Alkohol wahrnimmt.

Trinker-Schicksal nicht genetisch zementiert

Aus frühen Studien ist bereits bekannt, dass Menschen mit einem ausgeprägten Empfinden für die Geschmacksrichtung „Bitter“, weniger herbe Gemüsearten zu sich nehmen. Ähnliches könnte den Forschern zufolge auch für Alkohol gelten. „Unsere Studienergebnisse liefern damit einen Hinweis auf die Ursache, warum manche Menschen keinen Alkohol mögen“, sagt Coautor Russell Keast von der Deakin University in Australien. Entsprechend gewöhnen sich Menschen leichter oder weniger leicht an das Trinken von Alkohol mit all den damit verbunden Risiken.

Doch die Forscher betonen auch, dass die Genetik nicht das Trinker-Schicksal eines Menschen zementiert. „Wir haben stets die Wahl“, sagt Hayes. „Manche Menschen überwinden ihre angeborene Abneigung gegen den Geschmack von Alkohol und werden zu Trinkern und solche, die den Geschmack eigentlich mögen, halten sich bewusst zurück“, all das ist möglich, betont Hayes.

(Alcoholism: Clinical and Experimental Research, 24.09.2014 – MVI)

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