Die Menschheit lebt auf Pump: Unser Verbrauch an Wasser, Nahrung und Energie übersteigt längst das, was unser Planet an Nachschub leisten kann. Der ökologische Fußabdruck wächst und wächst, während die Artenvielfalt bereits um die Hälfte gesunken ist, so das Ergebnis des aktuellen „Living Planet Report“. Deutschland steht darin besonders verschwenderisch da, hat aber Chancen, sich zu verbessern.
Die Menschheit blutet den Planeten Erde aus – und das nicht erst seit Kurzem. Alle zwei Jahre zeigt der „Living Planet Report“ den Ressourcenverbrauch des Menschen und vergleicht ihn mit der Menge, die unser Planet jährlich erneuern kann. Dieser Gesamtverbrauch an Nahrung, Wasser und Energie, der sogenannte ökologische Fußabdruck, hat sich seit 1966 verdoppelt. Und seit fast 30 Jahren macht die Menschheit Schulden: Der jährliche Verbrauch übersteigt mittlerweile bei weitem den natürlichen Nachschub. Der Bericht ist eine Zusammenarbeit der Umweltorganisation WWF, der Zoologischen Gesellschaft London und des Global Footprint Network.
Wachsende Schulden, schwindende Reserven
Die Zahlen des Living Planet Report 2014 zeigen keinerlei Anzeichen für eine Verbesserung – im Gegenteil: Zusammengenommen verbrauchen wir inzwischen jedes Jahr 50 Prozent mehr Ressourcen, als die Erde innerhalb dieses Zeitraums regenerieren und damit nachhaltig zur Verfügung stellen kann.
„Wir entziehen uns und unseren Kindern die Lebensgrundlagen in atemberaubender Geschwindigkeit“, warnte Eberhard Brandes, geschäftsführender Vorstand des WWF Deutschland. „Macht die Menschheit weiter wie bisher, sind bis 2030 zwei komplette Planeten nötig, um den Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken.“ Die Folgen des Raubbaus seien bereits heute spürbar: Hungersnöte, Artensterben oder extreme Wetterkatastrophen nähmen immer dramatischere Ausmaße an.
Artenvielfalt um die Hälfte gesunken
Während die Schulden der Menschheit gegenüber der Natur stetig wachsen und auf einen gefährlichen Burn-Out zusteuern, nehmen die ökologischen Reserven gleichzeitig stetig ab. So zeigt der Living Planet Index für die vergangenen vier Jahrzehnte einen Rückgang der biologischen Vielfalt um 52 Prozent. Im Durchschnitt hat sich die Anzahl der untersuchten Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische damit halbiert.
Drei der insgesamt zehn sogenannten ökologischen Belastungsgrenzen, die einen ökologisch stabilen Rahmen der Erde und ihrer Lebensräume definieren, sind nach Angaben des Berichts bereits überschritten: Neben dem Verlust der Artenvielfalt ist dies beim Klimawandel und dem Stickstoffkreislauf der Fall.
Deutschland ist kein Vorbild
Auch Deutschland steht in dem Bericht alles andere als gut da: Der ökologische Fußabdruck steht seit inzwischen zehn Jahren auf einem viel zu hohen Niveau – ein typischer Trend in höher entwickelten Nationen. Jeder Deutsche verbraucht demnach pro Jahr mehr als doppelt so viele Ressourcen, wie ihm im globalen Mittel zustehen würden. Hätte die ganze Welt denselben Verbrauch wie hierzulande, wären bereits heute 2,6 Erden im Jahr notwendig. „Wir sind weit davon entfernt, Vorbild zu sein“, mahnt der WWF-Vorstand. „Es muss uns endlich gelingen, den deutschen Fußabdruck auf ein nachhaltiges Maß zu senken.“
Nur ein deutlich verringerter ökologischer Fußabdruck könne auch für nachfolgende Generationen einen vergleichbar hohen Wohlstand garantieren, konstatieren die Experten. Als eine der führenden Industrienationen sehen die Naturschützer Deutschland besonders in der Pflicht, dieser Herausforderung nachzukommen. Insbesondere Landwirtschaft und Verkehr müsse Deutschland nachhaltiger ausrichten, so die WWF-Forderung. Um die Biodiversität zu erhalten müssten auch ausgewiesene Schutzgebiete wirksamer eingehalten werden.
Von herausragender Bedeutung sei die konsequente umgesetzte Energiewende: „Man beobachtet in der Welt sehr genau, wie wir hierzulande als eine führende Industrie- und Exportnation die Energiewende umsetzen“, so Brandes. „Wenn wir diese Herausforderung erfolgreich stemmen, hat das weltweite Signalwirkung.“ Die Zusammenfassung des Berichts schließt mit den Worten: „Es mag weder bequem noch einfach sein, die gewohnten Wege zu verlassen und nach neuen zu suchen, aber es ist möglich.“
(WWF, 01.10.2014 – AKR)