Neurobiologie

Online-Spielsucht ähnelt Drogenabhängigkeit

Hirnaktivität bei Internet-Süchtigen zeigt typische Merkmale von Suchterkrankungen

Die Online-Abhängikeit zeigt ähnliche neuronale Merkmale wie Glücksspielsucht und andere Suchterkrankungen. © freeimages

Online-Sucht zeigt sich im Gehirn: Bei Internet-abhängigen Onlinespielern verändert sich die Hirnaktivität ähnlich wie bei einer Drogensucht. Zudem ist auch bei ihnen die Zahl der Andockstellen für das „Glückshormon“ Dopamin verringert, wie chinesische Forscher herausfanden. Dies spricht dafür, Internetsucht ebenfalls als echte Sucht einzustufen.

Das Suchtpotential von Internetnutzung und Onlinespielen ist ein wiederkehrender Streitpunkt: Die meisten Menschen kommen problemlos mit gelegentlichem oder auch regelmäßigem Konsum aus. Andere allerdings können sich einfach nicht vom Spiel ihrer Wahl losreißen und verbringen Tage und Nächte vor dem Computer. Sie werden abhängig und verlieren regelrecht die Kontrolle über ihr Leben.

Eine Studie chinesischer Wissenschaftler zeigt, wie sehr die Online-Abhängigkeit einer Drogen- oder Glücksspielsucht gleicht: Die Forscher haben die Hirnaktivität von 26 jungen Erwachsenen beim Online-Spielen beobachtet. Bei zwölf der Versuchspersonen war zuvor mit einem standardisierten psychologischen Test, dem „Internet Addiction Test nach Young“, eine Abhängigkeit von Online-Spielen diagnostiziert worden. Für ihre Studie verglichen die Wissenschaftler die Gehirnaktivität der Internet-Abhängigen mit denen gesunder Probanden vor und nach einer 30-Minütigen Spielphase.

Sucht macht unvernünftig und impulsiv

Dazu verwendeten sie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET): Die Probanden bekamen eine Injektion einer schwach radioaktiv markierten Substanz, eines sogenannten Tracers. Dieser Tracer gelangt über das Blut ins Gehirn und bindet dort an bestimmte Zielstrukturen. Mittels PET lassen sich dann Veränderungen im Aufbau und der Aktivität des Gehirns erkennen.

Das Ergebnis: Bei beiden Versuchsgruppen beobachteten die Forscher wie erwartet eine gesteigerte Aktivität in dem Bereich des Gehirns, der die visuellen Reize des Videospiels verarbeitet –der Sehrinde. Bei den zwölf Internet-Abhängigen jedoch verringerte sich gleichzeitig die Aktivität im sogenannten Temporallappen und im präfrontalen Cortex. Letzterer steuert vernünftige Handlungen und Entscheidungen. Störungen in diesem Bereich sind früheren Studien zufolge typisch für ein Suchtverhalten, wie es auch bei Drogenabhängigen auftritt. Auch bei krankhaften Glücksspielern sind die Hirnregionen für vernünftige Entscheidungsfindung und die Kontrolle von impulsivem Verhalten weniger aktiv.

Neuronale Mechanismen wie bei anderen ernsten Suchterkrankungen

Einen weiteren Hinweis lieferten spezielle Tracer, die Rezeptoren für den Botenstoff Dopamin sichtbar machten. Dopamin spielt eine wichtige Rolle im Belohnungssystem des Gehirns, und ein gestörter Dopamin-Stoffwechsel steht mit vielen Suchterkrankungen im Zusammenhang.

Bei den Online-Süchtigen war die Anzahl der Dopamin-Rezeptoren vermindert, wie die Forscher berichten. Dieser Effekt war umso stärker, je größer die Abhängigkeit laut Diagnose-Test war. Ein Mangel dieser Rezeptoren, zusammen mit der verminderten Aktivität des Präfrontallappens, ist ebenfalls ein typisches Anzeichen der Drogensucht und lässt sich zum Beispiel bei Methamphetamin-Süchtigen nachweisen.

Zwar stammen die Ergebnisse aus einer kleinen Studie mit wenigen Teilnehmern, die PET-Untersuchungen bestätigten jedoch bisherige Ergebnisse der Suchtforschung. Die Forscher nehmen daher an, dass die zugrundeliegenden neuronalen Mechanismen bei der Online-Abhängigkeit wie auch bei anderen Suchterkrankungen ähnlich sind. Einige Experten fordern daher, exzessive Internetabhängigkeit als Erkrankung ebenso ernst zu nehmen wie etwa krankhafte Glücksspielsucht.

(Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN), 15.10.2014 – AKR)

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