Hirnjogging soll gegen den geistigen Abbau helfen – so werben jedenfalls die Anbieter solcher Spiele. Aber Forscher widersprechen dem nun ausdrücklich in einer Erklärung. Denn weder eine vorbeugende Wirkung gegen Demenz noch eine Förderung der allgemeinen geistigen Leistungen seien bisher für solche Spiele wissenschaftlich belegt.
Spielend geistig fit. Klingt das nicht verheißungsvoll? Die Werbung lässt uns glauben, dass wir mit bestimmten „Gehirnjogging“-Computerspielen unsere geistige Leistungsfähigkeit steigern und sogar Demenzkrankheiten wie Alzheimer vorbeugen können – und all dies angeblich wissenschaftlich fundiert. Nicht selten ist in der Werbung „von Wissenschaftlern entwickelt“ zu lesen. Doch wie wirksam ist das computerbasierte Gehirnjogging wirklich?
Keine wissenschaftlichen Belege
70 international anerkannte Kognitionspsychologen und Neurowissenschaftler haben diese Frage untersucht und nun dazu eine Erklärung veröffentlicht. Ihr Fazit: Die bisherige Forschung belegt die Behauptungen der kommerziellen Anbieter nicht. Die Behauptungen der Gehirnjogging-Anbieter seien wissenschaftlich nicht belegt. Denn ob und wie diese Spiele auf das Gehirn, die geistige Leistungsfähigkeit und die kompetente Bewältigung des Alltags wirken, sei nicht hinreichend erforscht.
„Oft hängen die Behauptungen der Spielefirmen nur scheinbar mit der zitierten Forschung zusammen“, sagt die Psychologin Laura Carstensen von der Stanford University. Die Experten, die die gemeinsame Stellungnahme auf Initiative der Stanford University und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung unterzeichneten, sind sich einig: „Es gibt keine überzeugenden wissenschaftlichen Belege dafür, dass kommerzielle Gehirnjogging-Spiele den alterungsbedingten Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit vermindern oder umkehren.“
Verbesserungen nur im Spiel selbst
Bedeutet dies, dass ein Training des Gehirns durch solche Spiele keinerlei Vorteile bringt? Wie die Forscher erklären, gilt auch für Gehirnjogging-Spiele: Übung macht den Meister. Wer viel spielt, steigert seine Leistungen. Die Werbung erweckt aber den Eindruck, dass die Leistungssteigerungen nicht auf die Spiele selbst begrenzt sind. Stattdessen soll einen der Lernerfolg beim Spielen generell schlauer machen, gegen geistigen Abbau schützen und die Kompetenz im Umgang mit Alltagsproblemen steigern. Doch für dieses Versprechen gebe es derzeit keine überzeugenden wissenschaftlichen Belege, so die Forscher.
Allerdings warnen die Wissenschaftler auch vor Pessimismus. „Wer körperlich aktiv ist, am sozialen Leben teilnimmt und ein geistig anregendes Leben führt, hat bessere Chancen, geistig gesund zu altern“, betont Ulman Lindenberger, Direktor des Forschungsbereichs Entwicklungspsychologie am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Denn Gehirn und Verhalten sind durchaus bis ins hohe Alter trainierbar. Studien zeigen beispielsweise, dass Tanzen, Sport und soziale Kontakte das Gehirn fit halten können.
(Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, 21.10.2014 – NPO)