Schon vor gut 12.000 Jahren siedelten Menschen auf den Höhen der Anden – in 4.500 Metern Höhe, dünner Luft und eisiger Kälte. Das belegen in Peru entdeckte eiszeitliche Siedlungsplätze früher Jäger und Sammler. Sie ließen sich dort bereits kurz nach Ankunft der ersten Menschen in Südamerika nieder, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten. Ob und wie sie an das Leben in dieser großen Höhe angepasst waren, ist bisher unbekannt.
Eine karge, baumlose Landschaft, eisige Kälte, eine gleißende Sonne und eine dünne Luft mit wenig Sauerstoff: Die Bedingungen in 4.355 Metern Höhe sind hart. Selbst heute erfordert der Aufenthalt im Pucuncho-Becken in den peruanischen Anden eine Zeit der Akklimatisierung. Dennoch schreckte diese unwirtliche Gegend offenbar auch die steinzeitlichen Bewohner Südamerikas nicht ab, wie archäologische Funde nun belegen.
Steinwerkzeuge, Asche und Felsmalereien
Im Pucuncho-Becken entdeckten Archäologen um Kurt Rademaker von der University of Maine in Orono 260 Steinwerkzeuge, darunter bis zu 12.800 Jahre alte Geschossspitzen. Sieben Kilometer von Pucuncho entfernt entdeckten die Forscher weitere bis zu 12.400 Jahre alte Funde im Cuncaicha-Felsunterstand. Das hohe Alter der Funde bedeutet, dass diese Jäger schon rund 2.000 Jahre nach der Ankunft der ersten Menschen auf dem südamerikanischen Kontinent diesen entlegenen Ort besiedelten.
Dieser Ort auf 4.480 Metern Höhe wurde offenbar längere Zeit als Lagerplatz genutzt, wie mehr als 500 Steinwerkzeuge aus Obsidian, Andesit oder Jaspis und zahlreiche Tierknochen zeigen. Die Decken in den Nischen des Felsüberhangs waren rußgeschwärzt und mit Höhlenmalereien bedeckt. Dünnschliffe von den Sedimenten im Unterstand enthüllten zudem mikroskopisch kleine Aschereste, die von den Feuern der frühesten Höhlenbewohner stammen müssen. „Diese Asche entstand vermutlich bei der Verbrennung von den dort vorkommenden Polsterpflanzen, die bis heute von den Einheimischen zu diesem Zweck genutzt werden“, erklärt Koautor Christopher Miller von der Universität Tübingen.
Vikunjas und Guanakos als Jagdbeute
Höchstwahrscheinlich erstiegen die eiszeitlichen Jäger und Sammler das Hochplateau, um die dort reichlich vorkommenden Vikunjas, Guanakos und Andenhirsche zu jagen. Knochen dieser Tiere am Felsunterstand und für die Jagd und Schlachtung geeignete Werkzeuge zeugen davon. Die Feuerstellen und Malereien sprechen dafür, dass sich die Menschen damals länger hier aufhielten und nicht nur für kurze Jagdausflüge auf das Plateau kamen, wie die Forscher berichten.
Die Gegend war für die ganzjährige Besiedlung geeignet, doch dürften die Menschen von Stürmen in der feuchten Jahreszeit, der Sorge vor Unterkühlung, zum Sammeln essbarer Pflanzen und dem Bedürfnis nach Gesellschaft regelmäßig zum Abstieg in geringere Höhen getrieben worden sein. Auf solche Ausflüge deuten Steinwerkzeuge und Überreste von Steinabschlägen unter den Funden hin, die von ortsfremden, feinkörnigen Felssteinen stammen. Die Plateaubewohner müssen sie aus dem Geröll tiefer gelegener Flüsse mitgebracht haben.
Anpassungsfähig und robust
„Die neu entdeckten Fundplätze im Pucuncho-Becken legen nahe, dass die Menschen im Pleistozän erfolgreich in großen Höhen lebten“, konstatieren die Wissenschaftler. Sie waren offenbar anpassungsfähig und robust genug, um auch unter diesen rauen Bedingungen zu überleben. Ob die Plateaubewohner damals bereits bestimmte genetische Anpassungen besaßen, die ihnen das Leben in großer Höhe erleichterte, ist bisher nicht bekannt. „Wir müssen vergleichende genetische, physiologische und archäologische Forschungen heranziehen, um zu verstehen, wann und wie sich die nötigen Anpassungen entwickelt haben“, so die Forscher. (Science, 2014; doi: 10.1126/science.1258260)
(Universität Tübingen, 24.10.2014 – NPO)