Gesellschaft

In harter Umwelt sind die Götter strikt

Religionen und ihr Gottesbild werden von ökologischen und gesellschaftlichen Faktoren geprägt

Glaube an strikte, moralische Götter (blau) und an andere. Hellere Grauschattierungen zeigen, wo weniger gutes Pflanzenwachstum herrscht. © Carlos Botero

Religion als Überlebenshilfe: An welchen Gott man glaubt, hängt auch von den klimatischen und ökologischen Umweltbedingungen ab, wie eine Studie nun belegt. Demnach glauben Menschen in harschen Umwelten eher an übermächtige Götter mit klaren moralischen Forderungen. Aber auch Gesellschaften, die Privateigentum kennen und politisch komplexer sind, neigen zu solchen strikten Gottheiten, wie Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.

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Im Christentum, Judentum und im Islam gibt es klare Gebote und einen übermächtigen Gott. An seinen Geboten orientieren sich die moralischen Richtlinien, nach der die Anhänger leben. Doch längst nicht alle Religionen sind so stark durch einen moralisierenden, starken Gott geprägt. Viele Naturvölker glauben eher an hilfreiche Geister, die die Natur beseelen, in östlichen Religionen wie den Buddhismus oder Hinduismus steht weniger ein starker, dominierender Gott im Mittelpunkt, als vielmehr eine ganze Götterschar oder das Streben nach persönlicher Erleuchtung.

Umwelt oder nur Kultur?

Warum sich die Religionen so unterschiedlich entwickelt haben, und welche Faktoren bestimmen, an was die Menschen glauben, beschäftigt Forscher verschiedenster Disziplinen schon seit langem. Wie auch bei anderen Verhaltensweisen wird dabei häufig debattiert, ob die natürliche Umwelt oder aber kulturelle Einflüsse den stärkeren Effekt haben. „Wir wollten all diese voreingenommenen Ansichten ignorieren und uns alle potenziellen Faktoren auf einmal anschauen“, erklärt Erstautor Carlos Botero von der North Carolina State University in Raleigh.

Für ihre Studie untersuchten die Forscher den Glauben von 583 Gesellschaften aus allen Regionen der Erde und glichen sie mit den dort herrschenden historischen, sozialen und ökologischen Faktoren ab. Im Gegensatz zu früheren Studien erfassten sie dabei nicht nur grobe Schätzungen der ökologischen Bedingungen, sondern nutzten hochauflösende globale Datensätze, um Informationen über Umweltfaktoren wie Pflanzenwachstum, Niederschläge und Temperaturen zu erhalten. „Nachdem wir so viele andere Faktoren mit einbezogen hatten wie wir konnten, wollten wir wissen, ob sich trotzdem noch einen Einfluss der Umwelt feststellen ließ“, sagt Botero.

Harsche Umwelt – striktere Götter

Das Ergebnis: „Wenn das Leben hart ist oder unsicher, dann glauben die Menschen an übermächtige Götter“, berichtet Russell Gray von der University of Auckland. Demnach ist es kein Zufall, dass Judentum und Islam beide im Nahen Osten entstanden – in einer Region, in der Trockenheit und Wüsten schon früher das Überleben erschwerten. Bewohner der Tropen und des Regenwalds dagegen kennen solche strikten Religionen eher weniger.

„Obwohl manche Aspekte von Religionen auf den ersten Blick eher negativ escheinen, deutet die nahezu universelle Verbreitung solcher Glaubensformen darauf hin, dass es einen Vorteil bringen muss“, sagt Gray. Im Falle der harschen Umwelten sei dieser relativ deutlich. Denn nach gängiger Theorie fördert der Glauben an ein höheres Wesen, das klare moralische Vorgaben macht, die Kooperation innerhalb einer Gesellschaft. „Und das prosoziale Verhalten hilft den Menschen dabei, in harten und unberechenbaren Umgebungen zu überdauern“, so Gray.

Eigentum und politische Komplexität

Aber: Die Studie zeigt auch, dass Umwelt keineswegs alles ist. Stattdessen prägen auch gesellschaftliche und kulturelle Faktoren, ob eine Kultur an einen starken, moralischen Gott glaubt. So fördert auch eine politisch komplexe Gesellschaft mit verschiedenen Hierarchien und Gremien diese Religionsformen. Auch Gesellschaften, die privates Eigentum kennen und Viehzucht betreiben, neigen stärker zu strikteren Gottheiten, wie die Forscher berichten. Aus ihren Ergebnissen entwickelten sie ein Modell, mit dem sie anhand dieser Faktoren immerhin mit 91-protziger Genauigkeit

„Daraus ergibt sich ein Gesamtbild, nachdem Religion weder durch rein kulturelle Weitergabe entsteht, noch durch simplen ökologischen Determinismus“, so die Forscher. „Stattdessen ergibt sie sich aus einer Kombination von historischen, sozialen und ökologischen Faktoren.“ Diese Wechselwirkungen und Faktoren zu kennen hilft ihrer Ansicht nach dabei, die Kräfte zu verstehen, die das Verhalten unserer Spezies geformt und geprägt haben. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2014; doi: 10.1073/pnas.1408701111)

(National Evolutionary Synthesis Center (NESCent), 11.11.2014 – NPO)

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